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Berlin: Bundestag verabschiedet modifiziertes Wachstumschancengesetz

Aber nach der (vorläufigen) Ablehnung des Gesetzes durch den Bundesrat heißt es ‚zurück auf Start‘

Die Bundesregierung hatte bereits am 30.08.2023 den Regierungsentwurf für das Wachstumschancengesetz (WaChaG) beschlossen. Ziel des umfangreichen Gesetzesvorhabens ist es, Wachstumschancen für die deutsche Wirtschaft zu erhöhen, Investitionen und Innovation in neue Technologien zu ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken. Nach einer kritischen Stellungnahme des Bundesrates am 20.10.2023 hat der Bundestag nun am 17.11.2023 einer modifizierten Fassung des Gesetzespakets zugestimmt. Nachfolgend sollen die wesentlichen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf dargestellt werden. 


Verbesserung der Verlustnutzungsmöglichkeiten 

Eine der zentralen Maßnahmen des Wachstumschancengesetzes bleibt weiterhin die Verbesserung der Verlustnutzungsmöglichkeiten. Allerdings wurde nach Kritik des Bundesrates der Umfang der geplanten Anpassungen gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf reduziert, um einen übermäßigen Rückgang des Ertragsteueraufkommens zu vermeiden. Der bisher temporär erhöhte Höchstbetrag für den Verlustrücktrag von 10 Mio. EUR (20 Mio. EUR für Zusammenveranlagte) soll nun nicht mehr dauerhaft festgeschrieben werden, sondern ab dem Veranlagungszeitraum 2026 wieder auf 5 Mio. EUR (10 Mio. EUR für Zusammenveranlagte) sinken. Demgegenüber verbleibt es bei der geplanten Ausweitung des Verlustrücktragszeitraums von zwei auf drei Jahre. Hinsichtlich des Verlustvortrags ist weiterhin eine Abmilderung der sog. Mindestbesteuerung vorgesehen. Nach derzeitiger Rechtslage können im Rahmen des Verlustvortrags Verluste nur bis zu 60 % der im jeweiligen Folgejahr erzielten Einkünfte abgezogen werden, soweit diese den unbeschränkt ausgleichsfähigen Sockelbetrag von 1 Mio. EUR (2 Mio. EUR für Zusammenveranlagte) übersteigen. Dieser Prozentsatz soll laut verabschiedeter Gesetzesfassung für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 auf 75 % steigen (nicht jedoch auf 80 %, wie noch im Regierungsentwurf vorgesehen). 

Praxishinweis

Die Einführung der sog. Klimaschutz-Investitionsprämie für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern, die unter anderem dazu dienen, die Energieeffizienz innerhalb der Unternehmen zu verbessern, ist fast unverändert im verabschiedeten Gesetzesentwurf enthalten. Der Beginn des Förderzeitraums wurde lediglich um zwei Monate nach hinten verschoben (29.02.2024 bis 31.12.2029). 

Steuerliche Umsetzung des MoPeG 

Durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird am 01.01.2024 aus zivilrechtlicher Sicht das bisher für Personengesellschaften geltende Gesamthandsprinzip entfallen. Um Auswirkungen auf das Steuerrecht zu vermeiden, sah schon der ursprüngliche Regierungsentwurf für Zwecke der Ertragsteuern und der Erbschaftsteuer vor, Personengesellschaften dennoch weiterhin als Gesamthand zu behandeln. Eine entsprechende Regelung für die Grunderwerbsteuer fehlte jedoch gänzlich. Dies hätte die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung für Grundstücksübertragungen von Gesellschaftern auf Personengesellschaften und umgekehrt zumindest gefährdet. Nach deutlicher Kritik des Bundesrates wurde nun eine entsprechende Anpassung auch für Zwecke der Grunderwerbsteuer aufgenommen. Diese soll allerdings nur zeitlich befristet bis zum 31.12.2024 gelten. Es bleibt zu hoffen, dass die gewonnene Zeit genutzt wird, um zwischen Bund und den Ländern als Begünstigte des Steueraufkommens praxistaugliche Lösungen zu verschiedenen systematischen Fragen zu erarbeiten – neben der Personengesellschaftsthematik dürfte insbesondere die Frage der Besteuerung der Share Deals auf der Agenda stehen.

Praxishinweis

Auch die Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten für ertragsteuerliche Zwecke wurde weitestgehend unverändert beibehalten. So soll für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt werden, wieder eine degressive Abschreibung möglich sein. Aber auch für Wohngebäude, mit deren Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wird, soll eine degressive AfA von jährlich 6 % vom Rest- bzw. Buchwert für einen Zeitraum von 6 Jahren eingeführt werden.  

Sonstige Maßnahmen 

Der verabschiedete Gesetzesentwurf enthält eine Vielzahl von weiteren Anpassungen, die wir in Anbetracht der Fülle an dieser Stelle nicht umfassend auflisten können. Besonders erwähnenswert ist, dass die Neueinführung einer Zinshöhenschranke in der bisher geplanten Form entfallen ist. Mehr Details hierzu finden Sie ebenfalls in dieser Ausgabe der FALK News. Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist hervorzuheben, dass der temporär auf 7 % gesenkte Steuersatz für die Lieferung von Gas und Wärme nun doch nicht bereits am 31.12.2023, sondern erst am 01.03.2024 wieder auf 19 % angehoben werden soll. Demgegenüber wird die viel diskutierte Rückkehr zum Umsatzsteuersatz von 19 % für Restaurantleistungen voraussichtlich, wie bisher geplant, zum 31.12.2023 vollzogen werden. Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht nämlich keine Verlängerung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vor. 

Fazit

Das Wachstumschancengesetz ist ein klassisches Omnibusgesetz, das Änderungen in fast allen Bereichen des Steuerrechts beinhaltet. Maßnahmen wie die Klimaschutz-Investitionsprämie oder die Verbesserung der Abschreibungs- und Verlustnutzungsmöglichkeiten sind zwar ausdrücklich zu begrüßen, jedoch besteht weiterhin Uneinigkeit zwischen Bundesrat und Bundestag, in welchem Umfang bzw. in welcher Form diese gewährt werden sollen. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme insbesondere kritisiert, dass die durch das WaChaG verursachten Steuermindereinnahmen zu ca. 2/3 von den Ländern und Kommunen zu tragen sind. Demnach hat es auch nicht überrascht, dass der Bundesrat in seiner Sitzung vom 24.11.2023 das WaChaG erst einmal gestoppt und den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Wenn alles klappt, soll in der letzten Sitzung des Bundesrats am 15.12.2023 über eine – dann sicherlich in verschiedenen Punkten geänderte - Gesetzesfassung abgestimmt werden. Ob es tatsächlich zu einer Einigung kommt, bleibt allerdings – nicht zuletzt in Anbetracht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den ‚gestalterischen Maßnahmen‘ im Bundeshaushalt – abzuwarten. Es bleibt also spannend!

Sebastian Müller

Steuerberater

E-Mail:
sebastian.mueller@falk-co.de


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