EU-Kommission veröffentlicht Entwurf einer Richtlinie zur Harmonisierung der Verrechnungspreissysteme innerhalb der EU …
… sowie eine Richtlinie mit dem schönen Arbeitstitel BEFIT: „Business in Europe: Framework for Income Taxation“
Am 12.09.2023 hat die EU-Kommission einen Entwurf für eine Verrechnungspreisrichtlinie veröffentlicht – sowie einen Vorschlag für das sog. BEFIT-Projekt („Business in Europe: Framework for Income Taxation“).
Entwurf Verrechnungspreisrichtlinie
Ziel der Verrechnungspreisrichtlinie ist es, Verrechnungspreisstreitigkeiten und den hierdurch ausgelösten Aufwand innerhalb der EU zu reduzieren und die mit einseitigen Korrekturen häufig verbundene Doppelbesteuerung zu vermeiden, ebenso wie die doppelte Nichtbesteuerung.
Wesentliche Maßnahmen hierfür sind:
- Einführung des im OECD-Musterabkommen verankerten Fremdvergleichsgrundsatzes in das Unionsrecht
- Übernahme der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien in das Unionsrecht zur Vereinfachung der Festlegung der fremdüblichen Verrechnungspreise
- Einheitliche Auslegung und Anwendung der OECD-Richtlinien
- Einführung eines Fast-Track-Verfahrens für Gegenanpassungen (corresponding adjustment) außerhalb des Verständigungsverfahrens, wenn ein anderer EU-Staat eine „eindeutige“ Anpassung im Rahmen einer Betriebsprüfung vornimmt. Nach Vorlage entsprechender Nachweise soll der betroffene Mitgliedsstaat innerhalb von 180 Tagen über den Antrag auf Gegenanpassung entscheiden.
Anzuwenden wäre die Verrechnungspreisrichtlinie für alle verbundenen Unternehmen.
Da Deutschland seit dem BMF-Schreiben vom 14.07.2021 schon auf die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien verweist, ist hier nicht mit wesentlichen und/oder praktisch relevanten Änderungen zu rechnen.
Nach Diskussion und für den Fall der Zustimmung durch den Europäischen Rat müssten die EU-Mitgliedstaaten die Verrechnungspreisrichtlinie bis zum 31.12.2025 in nationales Recht umsetzen. Sie soll ab dem 01.01.2026 zur Anwendung kommen.
Entwurf BEFIT-Richtlinie
Ziel der BEFIT-Richtlinie, die neben der Verrechnungspreisrichtlinie veröffentlicht wurde und die sich an den BEPS-Zielen der OECD orientiert, ist die Implementierung einer gemeinsamen (konsolidierten) Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (bisher G(K)KB) innerhalb der EU für bestimmte Unternehmensgruppen (= BEFIT-Gruppe). Die BEFIT-Richtlinie soll die bisherigen Richtlinienvorschläge für die G(K)KB ersetzen, die letzten Endes nicht konsensfähig waren. Zudem verfolgt die BEFIT-Richtlinie das Ziel der Konformität mit dem Pillar 2-Konzept der OECD.
Die BEFIT-Richtlinie gilt grundsätzlich für BEFIT Gruppen mit einem konsolidierten Konzernumsatz von mindestens 750 Mio. EUR, wobei diese Umsatzschwelle in mind. zwei der letzten vier vorangegangenen Wirtschaftsjahre überschritten sein muss.
Nicht-BEFIT-Gruppen, die einen konsolidierten Abschluss aufstellen, haben ein Wahlrecht zur Anwendung der BEFIT-Regelung.
Grundlage der Gewinnermittlung ist ein nach EU-Recht erstellter konsolidierter Jahresabschluss (IFRS oder local (EU) GAAP). Die BEFIT-Richtlinie enthält Anweisungen zur Anpassung einzelner Gewinnpositionen und zur Ermittlung und Konsolidierung des steuerlichen Gewinns.
Basierend auf der steuerlichen, konsolidierten Gewinnermittlung ist es dann möglich, den konsolidierten Gewinn den einzelnen Mitgliedern der BEFIT-Gruppe anhand eines Verteilungsschlüssels zuzuweisen.
Mit der BEFIT-Richtlinie ist also auch eine Abkehr vom Fremdvergleichsgrundsatz hin zur globalen Gewinnaufteilungsmethode verbunden.
Für Routineunternehmen außerhalb der BEFIT-Gruppe wird ein Ampelsystem zur steuerlichen Risikoabwägung installiert, wobei sich die Gruppierung nach der Abweichung von öffentlich verfügbaren Benchmarks richten soll.
Für den Fall, dass der Europäische Rat dem BEFIT-Richtlinienvorschlag zustimmt, sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die Vorschriften der BEFIT-Richtlinien bis zum 01.01.2028 in nationales Recht umzusetzen. Ab dem 01.07.2028 sollen die Vorschriften dann zur Anwendung kommen.
Praxishinweis
Ob die Richtlinien-Vorschläge von den EU-Mitgliedstaaten unterstützt werden, bleibt abzuwarten. Da im Bereich der Steuern das Einstimmigkeitsprinzip verankert ist, bestehen nach den jüngsten Erfahrungen durchaus Zweifel, ob es zu einer Umsetzung kommen wird.