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Personengesellschaften – Nutzung von Verlusten durch Einlagen

Bundesfinanzhof (ver)schärft die Anforderungen im Hinblick auf die Anwendung des § 15a EStG

Wenn bei einer Personengesellschaft Verluste drohen, möchten selbstverständlich auch die – nur begrenzt haftenden – Gesellschafter sicherstellen, dass sie die Verluste in ihrer persönlichen Einkommensteuer-Veranlagung nutzen und mit anderen Einkünften verrechnen können. Ein probates Mittel war schon immer, dass betroffene Gesellschafter:innen kurz vor Jahresende noch freiwillige Einlagen in das Gesamthandvermögen leisten. Nach einer aktuellen Entscheidung des BFH vom 10.11.2022 – IV R 8/19 ist jedoch Vorsicht geboten. Anpassungen im Gesellschaftsvertrag können das Problem ggf. lösen.


Wo liegt das Problem?

Ein Gesellschafter einer Personengesellschaft darf den auf ihn entfallenden (anteiligen) Verlust nur dann steuerlich nutzen, wenn er wirtschaftlich durch die Verluste auch tatsächlich belastet ist. Im Falle einer Beteiligung als Kommanditist an einer Kommanditgesellschaft (häufig GmbH & Co KG) ist die Haftung handelsrechtlich im Grundsatz auf die im Handelsregister eingetragene (Haft-)Einlage begrenzt. Mit anderen Worten: Darüber hinausgehende Verluste werden zwar auch den Kommanditisten entsprechend der Gewinn-/Verlustverteilung zugewiesen, im Insolvenzfall bleibt es jedoch bei der begrenzten Haftung. Die ‚ominöse‘ einkommensteuerliche Norm des § 15a EStG bildet diese Haftungsbegrenzung ab: Ist die Hafteinlage durch vorhergehende Verluste bereits aufgezehrt, können weitere laufende Verluste aus der KG-Beteiligung beispielsweise nicht mit Vermietungseinkünften oder auch mit dem für die Geschäftsführung bei der Komplementär-GmbH erzielten Gehalt verrechnet werden – mit der unschönen Folge, dass diese positiven Einkünfte vollumfänglich der Einkommensteuer unterliegen.


(Vermeintliche) Lösung des Problems

Leistet der betroffene Kommanditist rechtzeitig eine freiwillige Einlage auf sein (ansonsten negatives) Kapitalkonto, kann sich das Verlustausgleichsvolumen im Prinzip erhöhen. Aber Achtung: Gemeint ist im Zusammenhang mit der Regelung des § 15a EStG nicht das Kapitalkonto im handelsrechtlichen Sinne – vielmehr sind steuerliche Besonderheiten zu beachten: Insbesondere ist das sog. ‚Privatkonto‘ (häufig auch ‚Verrechnungskonto‘ bezeichnet) im Regelfall nicht Teil des steuerlichen Kapitalkontos, da Guthaben auf diesem Konto nicht durch Verluste gemindert werden und der Kommanditist hierüber frei verfügen kann.


Die freiwilligen Einlagen müssen also auf ein (Kapital-)Konto geleistet werden, das auch im Risiko steht, durch Verluste aufgezehrt zu werden. Die für die konkrete Gesellschaft einschlägigen Regelungen finden sich im Gesellschaftsvertrag. Die Praxis unterscheidet bezüglich der Aufgliederung des Kapitalkontos verschiedene Modelle, wobei häufig sog. 3- oder 4-Konten-Modelle anzutreffen sind. Neben einem Festkapital, dessen Höhe die Beteiligungsquote an der Gesellschaft bestimmt, findet sich fast immer ein Kapitalkonto II zur Verbuchung der Gewinne bzw. Verluste (ggf. erweitert um ein gesondertes Verlustvortragskonto) sowie ein Privatkonto für die persönlichen Entnahmen und Einlagen.


Eine vergleichbare Situation bestand auch bei der Klägerin des eingangs erwähnten BFH-Falls. Einer der Kommanditisten (Herr X) hatte in Anbetracht der Verlustsituation der Gesellschaft im Dezember des Streitjahres auf ein Gesellschafterdarlehen verzichtet. Der Verzicht wurde als Einlage auf einem Konto „Variables Kapital, Herr X“ verbucht und alles schien gut. Allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt, als das Finanzamt den an X zugerechneten laufenden Verlust nicht zur Verrechnung mit der geleisteten Einlage zuließ und stattdessen als sog. verrechenbaren Verlust nach § 15a EStG feststellte – eine Verrechnung mit anderen Einkünften von X war also obsolet.


Und was sagt der BFH dazu?

Zunächst einmal wurde anerkannt, dass X eine freiwillige Einlage in die Gesellschaft geleistet hat – soweit die gute Nachricht.

Aber: Eine Verlustnutzung war dennoch nicht möglich. Denn der BFH stellte nach Prüfung des Gesellschaftsvertrags fest, dass die Einlage gesellschaftsrechtlich gar nicht zulässig war. Denn weder sah der Gesellschaftsvertrag die Leistung von freiwilligen Einlagen ausdrücklich vor noch ließ sich aus den Regelungen zur Kontenführung eine Grundlage für eine zulässige freiwillige Einlage ableiten. Das im Gesellschaftsvertrag angelegte 5-Konten-Modell sah Einlagen nur für das sog. Privatkonto vor. Hierbei handelte es sich jedoch im Sinne von § 15a EStG um kein steuerliches (Eigen-)Kapitalkonto, sondern aus Sicht der klagenden Gesellschaft um Fremdkapital – potentielle Guthaben auf diesem Konto standen ausdrücklich nicht zur Verlustverrechnung zur Verfügung und konnten vom jeweiligen Kommanditisten jederzeit entnommen werden (ohne Zustimmung der Mitgesellschafter).


Und last but not least war auch kein wirksamer Gesellschafterbeschluss im Rahmen einer Gesellschafterversammlung über eine Einlage des Kommanditisten X gefasst worden.

Praxishinweis

Kommanditgesellschaften mit Verlustsituation sollten rechtzeitig Vorkehrungen treffen im Hinblick auf möglicherweise drohende negative Kapitalkonten bei (einzelnen) Gesellschafter:innen. Aufgrund der aktuellen Entscheidung sollte man auch den eigenen Gesellschaftsvertrag auf möglichen Anpassungsbedarf durchforsten.


Und im Notfall steht immer noch das Instrument eines Gesellschafterbeschlusses über mögliche Einlagen zur Verfügung. Aber auch insoweit sollte man die Formalien beachten – denn selbst bei Verzicht auf die eigentlich für Einladungen zu Gesellschafterversammlungen zu beachtenden Form- und Fristvorkehrungen bedarf es eines von sämtlichen Gesellschaftern unterschriebenen Gesellschafterbeschlusses, in dem die jeweiligen Gesellschafter zu freiwilligen Einlagen in bestimmter Höhe ermächtigt werden.

Gerd Fuhrmann

Steuerberater

E-Mail:
gerd.fuhrmann@falk-co.de


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