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Umsatzsteuer: Änderungen 2025 bei Bildungsleistungen

Umfang der Steuerbefreiung und Ort der Leistung bei virtueller Teilnahme

Zum 01.01.2025 sind Änderungen bei der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen in Kraft getreten. Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2024 hat der Gesetzgeber auf unionsrechtliche Vorgaben reagiert und den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung erweitert. Daraus ergibt sich Handlungsbedarf  für gewerbliche Bildungsanbieter und digitale Bildungsangebote. 


1. Gesetzesänderung bei Bildungsleistungen – Erweiterung der Steuerbefreiung auf Fortbildung 

 

a) Bisherige Regelung 


Nach der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung der einschlägigen Befreiungsnorm (§ 4 Nr. 21 UstG) waren Bildungsleistungen steuerbefreit, wenn: 

 

Diese [Bildungsleistungen] von privaten Schulen oder allgemein- bzw. berufsbildenden Einrichtungen erbracht wurden, und 

die zuständige Landesbehörde bescheinigte, dass die Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. 


b) Neue Regelung


Ab dem 01.01.2025 gilt eine angepasste Fassung des § 4 Nr. 21 UStG: 

 

Steuerbefreit sind Leistungen, die Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung umfassen. Vorproduzierte Inhalte und aufgezeichnete Live-Inhalte sind nicht steuerbefreit. 

Durch die zuständige Landesbehörde muss (weiterhin) bescheinigt werden, dass die Einrichtung entsprechende Leistungen erbringt. 

Es wird erwartet, dass das BMF mittels einer Verwaltungsanweisung verfügen wird (die ist derzeitiger Stand des Entwurfs des BMF-Schreibens), dass die zur bisherigen Rechtslage ergangenen Bescheinigungen weiterhin anerkannt werden. Allerdings bindet dies nur die Finanzverwaltung, nicht hingegen die Gerichte. Wir empfehlen daher, neue Bescheinigungen zu beantragen. 

 

Neu eingeführt wurde in § 4 Nr. 21 UStG ein Buchst. c), der den Schul- und Hochschulunterricht von Privatlehrern betrifft. Der Privatlehrer ist hiernach selbst Träger der Bildungsmaßnahme, also nicht lediglich Subunternehmer, und erbringt somit die Unterrichtsleistung unmittelbar an den Schüler. 


c) Folge: Erweiterung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiung 

 

Die Neuregelung umfasst nun explizit auch Fortbildungen und Umschulungen. Öffentliche Einrichtungen, wie staatliche Hochschulen und allgemein- oder berufsbildende Schulen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, profitieren von der Klarstellung. Es besteht jedoch kein Recht auf Vorsteuerabzug für steuerbefreite Leistungen. Dies ist insbesondere bei Investitionen von Nachteil. Anbieter von Fortbildungen, die bisher von der Steuerpflicht ihrer Leistungen ausgingen, könnten durch die Steuerbefreiung unfreiwillig schlechter gestellt werden. Denn die für die Steuerbefreiung erforderliche Bescheinigung kann auch rückwirkend durch das Finanzamt beantragt werden. Dies kann zum rückwirkenden Verlust des Vorsteuerabzugs und zu Vorsteuerkorrekturen gem. § 15a UStG führen. Somit hat der Bildungsanbieter auch nach der Neuregelung kein Wahlrecht, durch eine Nichtbeantragung der Bescheinigung (indirekt) zur Steuerpflicht seiner Leistungen zu optieren. Lediglich durch eine Negativbescheinigung bestünde hinsichtlich einer Steuerpflicht Rechtssicherheit. 


2. Leistungsort bei Bildungsmaßnahmen 

  

a) Präsenzveranstaltungen 


Der Leistungsort bleibt unverändert am Veranstaltungsort, gleichgültig ob es sich bei den Teilnehmern um Unternehmen oder Privatpersonen handelt (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 bzw. Nr. 5 UStG). 


b) Onlineveranstaltungen 

 

Für virtuelle Leistungen, wie z. B. die Bereitstellung eines Live-Streams, wurde sowohl für Leistungen an Nichtunternehmer als auch bei Leistungen an Unternehmer eine gesetzliche Neuregelung getroffen: 

 

Der Leistungsort richtet sich nach dem Wohnsitz bzw. Sitz des Empfängers (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 5 UStG). Dieses Ergebnis war im Übrigen bereits Verwaltungsauffassung zu der bis 31.12.2024 geltenden Rechtslage (vgl. Abschn. 3a.6 Abs. 2b bzw. Abschn. 3a.7a Abs. 1 UStAE): 

Hierdurch ergibt sich im Hinblick auf nichtunternehmerische Online-Teilnehmer, die im Ausland ansässig sind, insoweit grundsätzlich Handlungsbedarf: Die Leistungen gelten insoweit für die Umsatzsteuer als im Ausland erbracht und unterliegen ggf. im Ansässigkeitsstaat des Online-Teilnehmers der Umsatzsteuer bzw. die mögliche Anwendung von Steuerbefreiungen richtet sich nach den Vorschriften des jeweiligen Lands. 


3. Fazit

 

Die Reform der Bildungsleistungen durch das Jahressteuergesetz 2024 bringt Änderungen, insbesondere im Hinblick auf Steuerbefreiungen und Bescheinigungsverfahren. Bildungseinrichtungen müssen handeln, um neue Bescheinigungen zu beantragen und ihre Leistungen an die neuen steuerlichen Anforderungen anzupassen. 

 

Handlungsbedarf ergibt sich ggf. auch bei virtuellen Fortbildungs-/Schulungs-Veranstaltungen, für die im Ausland ansässige Teilnehmer angemeldet sind. Denn nach der ab 2025 relevanten Gesetzesformulierung gilt der umsatzsteuerliche Leistungsort als in dem Staat belegen, wo der jeweilige Empfänger seinen Sitz hat. Sofern sich der Anbieter von Onlinekursen nicht schon bisher an der gleichlautenden Verwaltungsauffassung ausgerichtet hat, muss der Anbieter spätestens fortan für die im Ausland ansässigen Teilnehmer von einem ausländischen Leistungsort ausgehen. In der Folge dürfte sich der Verwaltungsaufwand für Anbieter von virtuellen Schulungen/Seminaren insbesondere für Nichtunternehmerkunden (B2C) deutlich erhöhen, da bei einem internationalen Teilnehmerkreis umsatzsteuerliche Jurisdiktionen verschiedener Länder betroffen sein könnten. Ein weiterer Beitrag zur Steuervereinfachung! Dies wird jedoch durch die Möglichkeit einer zentralen Meldung über das besondere Besteuerungsverfahren (OSS) an das Bundeszentralamt für Steuern etwas abgemildert. 

Dr. Christian Merkel

Steuerberater

E-Mail:
christian.merkel@falk-co.de


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