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Umsatzsteuer: Keine Aufteilung einer einheitlichen Leistung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Leistungsanteil

Bundesfinanzhof entscheidet zum ‚Klassiker‘ Vermietung/Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen

Der BFH hat mit Urteil vom 17.08.2023 - V R 7/23 im Einklang mit dem EuGH entschieden, dass bei der Vermietung eines (Stall-)Gebäudes zur Haltung von Puten mit eingebauten Vorrichtungen und Maschinen, die der Haltung der Tiere dienen, eine einheitliche Leistung vorliegt. Bei der einheitlichen Leistung steht die Überlassung des Grundstücks im Vordergrund, weshalb es sich insgesamt um eine steuerfreie Leistung handelt.


Der Fall aus der Tieraufzucht-Praxis

In dem entschiedenen Fall wurde dem Pächter ein Stallgebäude zur Haltung von Puten mit den dafür erforderlichen Einrichtungen überlassen. Die Einrichtungsgegenstände dienten der Fütterung der Tiere, der Schaffung der für die Aufzucht erforderlichen klimatischen Bedingungen und der gesetzlich vorgeschriebenen Beleuchtung des Stallgebäudes. Der Kläger (Vermieter des Objekts) ging von einer steuerfreien einheitlichen Grundstücksüberlassung aus. Demgegenüber vertrat das zuständige Finanzamt die Auffassung, dass die für die Überlassung von Betriebsvorrichtungen vorgesehene Steuerpflicht – trotz der festen Verbindung der Einbauten mit dem Gebäude – dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung vorgehe – mit anderen Worten, dass sich aus dem Ausschluss der Steuerbefreiung für fest verbundene Betriebsvorrichtungen auch bei einheitlichen Leistungen ein Aufteilungsgebot ergebe und somit die zu zahlende Gesamtpacht anteilig umsatzsteuerpflichtig wäre.


Diese Auffassung stand auch im Einklang mit der älteren Rechtsprechung des BFH. Dementsprechend hatte das Finanzamt das vereinbarte Gesamtentgelt aufgeteilt und 20 % davon als Entgelt für eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen behandelt. Der BFH hatte das aktuelle Verfahren ausgesetzt und auf Anfrage vom EuGH die Antwort erhalten, dass der Ausschluss der Steuerbefreiung für Betriebsvorrichtungen nicht gilt, wenn die Vermietung der Betriebsvorrichtungen eine Nebenleistung zur steuerfreien Grundstücksüberlassung darstellt. Insoweit ist die alte BFH-Rechtsprechung also überholt.


Entscheidung durch den BFH

In seiner aktuellen Entscheidung musste der BFH also prüfen, ob tatsächlich eine einheitliche Leistung gegeben ist, sprich ob die (Mit-)Überlassung der Einbauten und Geräte als Nebenleistung anzusehen ist. Die obersten Bundesrichter kamen letztlich zur Überzeugung, dass die Überlassung der Betriebsvorrichtungen tatsächlich der Überlassung des Stallgebäudes diente. Es handele sich um speziell abgestimmte Ausstattungsmerkmale zur Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen. Dementsprechend stelle die Überlassung des Stallgebäudes die Hauptleistung und die Überlassung der Betriebsvorrichtungen eine Nebenleistung hierzu dar. Folglich sei eine einheitliche umsatzsteuerliche Behandlung dieser Gesamtleistung vorzunehmen, wonach sich die Steuerbefreiung der Gebäudeüberlassung auch auf die Überlassung der Betriebsvorrichtungen erstrecke. Aus der im Gesetz enthaltenen Vorschrift, wonach die Überlassung von Betriebsvorrichtungen im Grundsatz steuerpflichtig ist, ergebe sich kein Gebot, einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen.

Praxishinweis

Dieses Ergebnis überzeugt, da es auf der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beruht, die einen aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang auch einheitlichen Besteuerungsfolgen unterwirft. Insofern übernimmt der BFH vom EuGH während der letzten Jahre entwickelte Grundsätze: Eine einheitliche Leistung, die aus zwei getrennten Bestandteilen – einem Hauptbestandteil und einem Nebenbestandteil – besteht und die bei getrennter Leistungserbringung unterschiedlich mit Umsatzsteuer belastet würde, ist nur mit dem für diese einheitliche Leistung geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern – wobei sich der anzuwendende Steuersatz bzw. die ggf. einschlägige Befreiungsnorm nach dem Hauptbestandteil richtet. Die Abgrenzungsfrage, wann eine einheitliche Leistung vorliegt und welcher Leistungsbestandteil prägend ist, ist jedoch in der Praxis oft nicht einfach zu beantworten; in Zweifelsfällen sollte ein Steuerberater zu Rate gezogen werden. Und nicht zu vergessen: die Kehrseite einer steuerfreien Vermietung: Der Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Eingangsleistungen ist ausgeschlossen.

Christian Merkel

Steuerberater

E-Mail:
christian.merkel@falk-co.de


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