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Verspätete Pauschalversteuerung kann in der Sozialversicherung teuer werden

Das Bundessozialgericht sanktioniert die Praxis der Deutschen Rentenversicherung

Das BSG hat entschieden, dass die verspätete Pauschalbesteuerung von Kosten für eine Betriebsveranstaltung nicht zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung führt – so das brandaktuelle Urteil vom 23.04.2024 - B 12 BA 3/22 R.


Das Problem

Das klagende Unternehmen feierte mit seinen Beschäftigten im September 2015 ein Firmenjubiläum mit rd. 160 Mitarbeitern. (Erst) am 31. März 2016 wurde die für September 2015 aus einem Betrag von rund EUR 163 000 ermittelte 25%ige Pauschalsteuer nach § 40 EStG angemeldet und ans Finanzamt abgeführt; Beiträge zur Sozialversicherung wurden nicht gezahlt, da in Anbetracht der Lohnsteuerpauschalierung die Zuwendung nach Auffassung des Unternehmens sozialversicherungsfrei war.

Nach einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung forderte der beklagte Rentenversicherungsträger von dem Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von rund 60 000 Euro nach.

Begründung: Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören alle laufenden oder einmaligen Vergütungen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Lohnbestandteile besteht. Ausgenommen hiervon, sprich der sozialversicherungsrechtlichen Bemessungsgrundlage nicht zuzurechnen, sind lediglich bestimmte steuerfreie oder der Pauschalbesteuerung zugängliche Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen. So weit, so gut.


Aber: Im Hinblick auf die verspätete Abführung der pauschalen Lohnsteuer könne von diesem Grundsatz kein Gebraucht gemacht werden. Verwiesen wird auf ein Schreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung: In einem Sitzungsprotokoll vom 20.04.2016, TOP 5 wird die Auffassung vertreten, eine nachträgliche Pauschalbesteuerung könne stets nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigungen für eine Sozialversicherungsfreiheit geltend gemacht werden, also längstens bis zum 28.02. des Folgejahres. In Anbetracht der verspäteten Abführung erst im März 2016 bestehe Sozialversicherungspflicht. Gegen die hiernach erlassenen Nachforderungsbescheide setzte sich das Unternehmen zur Wehr.


Und nun äußerte sich das Bundessozialgericht:

Das BSG folgt in seinem Urteil vom 23.04.2024 nun überraschenderweise den Aussagen der vorinstanzlichen Gerichte nicht, sondern sanktioniert die Vorgehensweise der beklagten DRV. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise zu gewährende Beitragsfreiheit seien nicht erfüllt. Um die Beitragsfreiheit sicherzustellen, hätte die Klägerin zeitgleich mit den Entgeltabrechnungen diese Aufwendungen zumindest zur pauschalen Besteuerung anmelden und dadurch den Übergang der Steuerschuld auf sich auslösen müssen. Dies wäre im konkreten Fall die Entgeltabrechnung für September 2015 (!) gewesen.

Tatsächlich wurde die Pauschalbesteuerung aber erst Ende März 2016 durchgeführt und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden muss. Nach der zum 22. April 2015 geänderten Sozialversicherungsentgeltverordnung reiche die bloße Möglichkeit der pauschalen Besteuerung nicht mehr aus. Sie muss tatsächlich und zeitgleich mit der Entgeltabrechnung durchgeführt werden. Das BSG betont, dass – selbst wenn im Steuerrecht bei der Pauschalbesteuerung anders verfahren werden kann – dies an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nichts ändert.

Praxishinweis

Arbeitgeber müssen bei der Planung und Durchführung von Betriebsveranstaltungen auch in steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht sorgfältig vorgehen und diese Aspekte in die organisatorischen Abläufe integrieren. Eine zeitnahe Pauschalversteuerung ist unerlässlich, um unerwartete Nachforderungen der Sozialversicherungsträger zu vermeiden. Dies wird insbesondere bei Weihnachts- oder Winterfeiern die Unternehmen vor große Herausforderungen stellen, da häufig in Anbetracht des Jahreswechsels nicht alle Rechnungen bis zur Februarabrechnung vorliegen werden. Eine spätere Nachholung oder Korrektur ist insoweit aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht jedoch nicht möglich – selbst wenn man der weniger strengen Sichtweise der Spitzenorganisation der Sozialversicherungsträger folgt und den 28.02. als Deadline ansieht. Die Tatsache, dass steuerrechtlich bei der Pauschalversteuerung anders verfahren werden kann, ändert an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung laut BSG nichts.


Das Urteil zeigt einmal mehr die fehlende Homogenität von Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht und verkompliziert die Entgeltabrechnung für den Arbeitgeber zusätzlich.

Elisabeth Eiffler

Steuerberaterin

E-Mail:
elisabeth.eiffler@falk-co.de


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