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Wieder ein aktuelles BFH-Urteil zur „erweiterten Grundstückskürzung“

Keine schädliche Betriebsaufspaltung bei unmittelbarer Vermietung durch eine Kapitalgesellschaft

Mit Urteil vom 22.02.2024 - III R 13/23 hat der III. Senat entschieden, dass bei Vermietung durch eine Kapitalgesellschaft an ihren mittelbaren Gesellschafter aufgrund Anwendung des sog. Durchgriffsverbots keine Betriebsaufspaltung vorliegt; im Bereich der Gewerbesteuer hat das die erfreuliche Folge, dass die erweiterte Grundstückskürzung zu gewähren ist. Aufgrund einer Entscheidung des IV. Senats aus dem Jahr 2021 war dies zuletzt fraglich geworden.


Erweiterte Grundstückskürzung bei der Gewerbesteuer

Unternehmen, die – neben sog. erlaubten Nebentätigkeiten wie der Verwaltung von Kapitalvermögen – ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können auf Antrag die sog. erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch nehmen. Wesentliche Voraussetzungen sind, dass das Grundstücksunternehmen keine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt und dass der Grundbesitz nicht in einem Gewerbebetrieb des unmittelbar beteiligten Gesellschafters genutzt wird. Folge ist, dass die Einkünfte aus der Vermietung des Grundbesitzes nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Insbesondere bei Kapitalgesellschaften lassen sich hierdurch erhebliche Steuervorteile erzielen, da die Steuerbelastung auf Gesellschaftsebene auf rd. 16 % reduziert werden kann.


Betriebsaufspaltung und Durchgriffsverbot

Liegt eine sog. Betriebsaufspaltung zwischen einem grundstücksvermietenden Besitz- und einem Betriebsunternehmen vor, so gilt das Besitzunternehmen – trotz vordergründig vermögensverwaltender Aktivitäten – als originär gewerblich tätig. Dies schließt die Grundstückskürzung aus. Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung sind sachliche und personelle Verflechtung von Besitz und Betriebsunternehmen. Sachliche Verflechtung ist bei Vermietung eines Grundstücks in der Regel gegeben. Personelle Verflechtung erfordert einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen. Die Rechtsprechung differenziert insoweit nach der Rechtsform des Besitzunternehmens. Grundsätzlich ist ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswillen anzunehmen, wenn sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen von der gleichen Person oder Personengruppe beherrscht werden. Hat das Besitzunternehmen die Rechtsform der Kapitalgesellschaft, so kommt es hingegen darauf an, dass die Kapitalgesellschaft selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Ein Durchgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Anteilseigner ist unzulässig (sog. Durchgriffsverbot). Eine Betriebsaufspaltung ist mithin z. B. gegeben bei Vermietung durch eine Mutter- an eine Tochterkapitalgesellschaft, nicht jedoch z. B. bei der Vermietung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften.


Änderung der Rechtsprechung durch den IV. Senat des BFH

Der IV. Senat des BFH hat im Jahr 2021 unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass das Durchgriffsverbot nicht gilt und damit eine Betriebsaufspaltung besteht, wenn eine Besitzpersonengesellschaft, an deren Vermögen ausschließlich eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, Grundbesitz an eine Schwesterkapitalgesellschaft dieser Kapitalgesellschaft vermietet. Die Grundstückskürzung ist in dieser Konstellation mithin ausgeschlossen. Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung ab dem Jahr 2024 an. Ausgehend von dem Urteil des IV. Senats wurde das Risiko gesehen, dass das Durchgriffsverbot von der Rechtsprechung insgesamt aufgegeben werden könnte. Dies hätte den Anwendungsbereich der Grundstückskürzung erheblich eingeschränkt.


Entscheidung des III. Senats des BFH

Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zu Grunde: Eine Personengesellschaft war mehrheitlich an einer Mutterkapitalgesellschaft beteiligt, welche wiederum mehrheitlich an einer weiteren Tochterkapitalgesellschaft beteiligt war. Die Tochterkapitalgesellschaft vermietete Grundbesitz an die Personengesellschaft. Der III. Senat des BFH hat für diese Konstellation entschieden, dass das Durchgriffsverbot anzuwenden ist, so dass die Grundstückskürzung zu gewähren ist. Der III. Senat begründet dies damit, dass – anders als in der Entscheidung des IV. Senats – Vermieter des Grundstücks eine Kapitalgesellschaft ist. Diese Urteilsgrundsätze gelten auch in anderen Konstellationen, in denen der Vermieter eine Kapitalgesellschaft ist.

Praxishinweis

Mit den Entscheidungen des III. und des IV. Senats des BFH scheint geklärt, dass es für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung darauf ankommt, ob der Vermieter des Grundbesitzes die Rechtsform der Kapitalgesellschaft (dann Anwendung des Durchgriffsverbots und keine Betriebsaufspaltung – außer im Fall der Beherrschung der Betriebsgesellschaft durch die Besitzkapitalgesellschaft) oder der Personengesellschaft (dann keine Anwendung des Durchgriffsverbots und grundsätzlich Vorliegen einer Betriebsaufspaltung) hat. Die Grundstückskürzung ist daher – wie bisher – anwendbar bei Grundstücksvermietung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften oder von einer Enkelkapitalgesellschaft an ihre mittelbar über eine Kapitalgesellschaft beteiligte Muttergesellschaft. Bei Grundstücksvermietung durch eine Personengesellschaft innerhalb einer Unternehmensgruppe ist die Grundstückskürzung hingegen ab dem Jahr 2024 in der Regel nicht mehr anwendbar. Durch geeignete Umstrukturierung, wie z. B. Formwechsel der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, können aber die Voraussetzungen der Grundstückskürzung für die Zukunft geschaffen werden.

Dr. Jan-Markus Mai

Steuerberater

E-Mail:
jan-markus.mai@falk-co.de


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