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Bitcoin & Co. – auch im Steuerrecht nicht selbsterklärend!

Steuerbarkeit der Kryptoassets auf dem Prüfstand des BFH

Bitcoin, Ethereum, Ripple und Co. werden gerne als Kryptowährungen bezeichnet. Dies ist inhaltlich fragwürdig, da zwei der drei zentralen Merkmale einer Währung (allgemein anerkanntes Zahlungsmittel und Recheneinheit) nicht bzw. unvollständig erfüllt sind. Allenfalls als – wenn auch höchst volatiles – Wertaufbewahrungsmittel könnte man sie problemlos bezeichnen. Deshalb hat sich auch der inhaltlich treffendere Ausdruck Kryptoassets bzw. Kryptowerte eingebürgert. Ob diese Kryptoassets auch steuerlich Assets – also Wirtschaftsgüter – darstellen, ist eine Frage, die über ihre Steuerbarkeit und Steuerpflicht entscheidet. Bisher haben die Finanzgerichte wenig überraschend eine Steuerpflicht weit überwiegend bejaht. Aktuell ist ein Verfahren beim BFH anhängig, das hoffentlich zentrale Fragen klären wird.

Grundlegende Besteuerungsprinzipien im Bereich der Kryptoassets

Kryptoassets können im Bereich des Betriebsvermögens und des Privatvermögens steuerbar und steuerpflichtig werden. Da eine gewerbliche Aktivität entweder erhebliche Mining-Aktivitäten oder Handelsaktivitäten z. B. im Auftrag Dritter erfordert, wird der übliche Eigenhandel – analog zum Wertpapierhandel im privaten Bereich – regelmäßig dem Privatvermögen zuzurechnen sein, weshalb dieser private Bereich im Fokus dieses Artikels stehen soll. Im Bereich des Privatvermögens sind steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG denkbar, z. B. beim gelegentlichen Mining, beim sogenannten Lending oder Staking. Der betragsmäßig weitaus wichtigere Bereich werden jedoch steuerbare Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 EStG innerhalb eines Jahres nach Anschaffung des Wirtschaftsguts darstellen, die bei Überschreiten der Freigrenze von 600 EUR in vollem Umfang steuerpflichtig sind. Diese Veräußerungsfrist verlängert sich auf 10 Jahre, wenn das betreffende Wirtschaftsgut in mindestens einem Kalenderjahr als Einkunftsquelle genutzt worden ist. Laut Auffassung des BMF gilt dies z. B. bei jeder Art von entgeltlichem Staking oder Lending.

Zentral für die Norm des § 23 EStG ist jedenfalls das Vorliegen eines identifizierbaren und bewertbaren Wirtschaftsguts. Mittlerweile haben sich verschiedene Finanzgerichte mit dieser Thematik beschäftigt:


FG Nürnberg: Zweifel an der Steuerbarkeit von Kryptoassets

Was auf den ersten Blick unstrittig erscheint, wird jedoch von Steuerpflichtigen im Bereich der Kryptoassets bestritten. So wird insbesondere geltend gemacht, dass Kryptoassets allgemein keine zivilrechtlich gefestigte Position vermitteln und damit kein Wirtschaftsgut darstellen würden. Außerdem seien die technischen Gegebenheiten des einzelnen jeweiligen Kryptoassets viel eingehender vom Finanzamt zu prüfen, da davon abhängt, ob und von wem überhaupt ein vermögenswerter Vorteil erworben werden kann, ob dieser rechtlich eindeutig und unentziehbar dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist und ob der Steuerpflichtige für das zugrundeliegende Verkaufsgeschäft eindeutig bestimmt werden kann. Diese Zweifel wurden genährt von einem Beschluss des FG Nürnberg (3 V 1239/19, rechtskräftig), in dem Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt wurde, weil das Finanzamt bei der Ermittlung eines steuerpflichtigen Gewinns aus dem Handel mit Kryptoassets den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend genau aufgeklärt hat. Außerdem ist es laut FG Nürnberg in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, ob ein konkretes Kryptoasset ein Wirtschaftsgut darstellt und deshalb grundsätzlich nach § 23 EStG steuerbar sein kann.


Urteile der anderen Finanzgerichte zur Steuerbarkeit von Kryptoassets

Hingegen urteilten das FG Baden-Württemberg (5 K 1996/19, rechtskräftig), das FG Köln (14 K 1178/20, Revision anhängig unter IX R 3/22) und das FG Berlin-Brandenburg (13 V 13100/19, rechtskräftiges AdV-Verfahren) zu Lasten der Steuerpflichtigen. Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist nämlich laut BFH weit zu fassen und umfasst neben Sachen und Rechten auch sämtliche vermögenswerten Vorteile, die sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt und selbständig bewertbar sind. Demgemäß sind gehandelte Kryptoassets als Wirtschaftsgut i. S. v. § 23 EStG anzusehen, da dem Steuerpflichtigen mittels eines Schlüssels ein Anteil am Kryptoasset zugerechnet wird, mit entsprechender Chance auf Wertsteigerung oder anderweitigen Nutzung. Zugleich hat der Steuerpflichtige für die Kryptoassets etwas aufgewendet, sodass sie einer gesonderten Bewertung zugänglich sind. Die eigenständige Verkehrsfähigkeit und Bewertbarkeit zeigt sich gerade im Handel auf speziellen Internetplattformen, z. B. Coinbase. Auf diese Weise hat der Rechtsverkehr nämlich Möglichkeiten geschaffen, Kryptowerte auf Dritte zu übertragen und damit wirtschaftlich zu verwerten. Zugleich kann damit ein Entgelt für die Übertragung von Kryptowerten erzielt werden, worin sich die selbständige Bewertbarkeit zeigt. Dies entspricht auch der weit überwiegenden Meinung in der Literatur.


Die Besteuerung ist laut dieser Finanzgerichte auch nicht im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes wegen eines behaupteten strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig. Dies folgt für die Finanzgerichte einmal aus dem für sie klaren Wortlaut des Gesetzes mit der Anordnung der Steuerbarkeit. Außerdem gebe es bereits heute einerseits umfangreiche Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen sowie andererseits Möglichkeiten der Finanzverwaltung zur Inanspruchnahme von zwischenstaatlicher Rechts- und Amtshilfe sowie von Sammelauskunftsersuchen.

Dr. Gregor Führich

Steuerberater

E-Mail:
gregor.fuehrich@falk-co.de


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