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Beschleunigung und Modernisierung von Betriebsprüfungen führt auch zu verschärften Vorlagepflichten für Verrechnungspreisdokumentationen

Am 10.11.2022 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der „DAC7“ und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts beschlossen. Das Gesetz soll – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrats – am 01.01.2023 in Kraft treten. Neben der Umsetzung der sog. „DAC7“ werden auch zahlreiche Vorschriften des steuerlichen Verfahrensrechts modernisiert, die insbesondere für international aufgestellte Unternehmen erhebliche Verschärfungen mit sich bringen.

Zunächst ein Überblick

Im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie 2021/514 vom 22.03.2021 (sog. „DAC7“) werden Betreiber digitaler Plattformen dazu verpflichtet, Informationen über die Einnahmen von Anbietern an die Finanzbehörden zu melden, die diese Anbieter über ihre Plattformen erzielen. Diese Informationen sollen dann EU-weit ausgetauscht und somit die steuerliche Transparenz im Onlinehandel erhöht werden. Wir werden über diese Neuerung in einer der nächsten Ausgaben ausführlich berichten.


Ziel der Änderungen im Rahmen des Verfahrensrechts sind die Beschleunigung von Außenprüfungen sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Finanzbehörden und Steuerpflichtigen. Dies soll auch zu mehr und früherer Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen führen. Die Änderungen führen – wie im Bereich der Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen – aber auch zu erheblichen Verschärfungen.


Ausgewählte positive Entwicklungen im Rahmen der Beschleunigung von Außenprüfungen

  • Begrüßenswert ist etwa, dass – im Gegenzug zur Einreichung der mit der Prüfungsanordnung angeforderten Buchführungsunterlagen – dem Unternehmen die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte der Außenprüfung mitgeteilt werden sollen. Die Nennung dieser Prüfungsschwerpunkte stellt jedoch keine Einschränkung der Außenprüfung auf bestimmte Sachverhalte dar, sodass auch weiterhin andere Themen und Sachverhalte geprüft werden können. 
  • Außerdem soll die Prüfungsanordnung zeitnäher nach Ergehen eines Steuerbescheids bekanntgegeben werden, sodass Außenprüfungen früher beginnen und abgeschlossen werden können. 
  • Auch soll es künftig im Rahmen von Betriebsprüfungen die Möglichkeit geben, in regelmäßigen Abständen vereinbarte Zwischengespräche zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu führen.
  • Verhandlungen und Besprechungen sollen in Zukunft auch elektronisch (z. B. über eine Videokonferenz), Schlussbesprechungen zusätzlich auch telefonisch möglich sein.


Verschärfungen bezüglich der Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen

Bisher war es Usus, dass landes- und unternehmensspezifische Dokumentationen (sog. Local und Master File) im Rahmen einer Betriebsprüfung erst auf Anforderung der Finanzbehörde vorgelegt wurden – hierfür standen 60 Tage zur Verfügung. Zukünftig sind Verrechnungspreisdokumentationen bereits 30 Tage nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung automatisch ohne weitere Aufforderung durch die Finanzbehörde vorzulegen. Außerdem können Finanzbehörden auch außerhalb von Außenprüfungen jederzeit Verrechnungspreisdokumentationen verlangen, welche dann ebenfalls innerhalb von 30 Tagen nach der Anforderung vorzulegen sind.

Die Vorlagepflicht binnen 30 Tagen galt bisher lediglich für die Dokumentation außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle (z. B. Restrukturierungsvorgänge) nach Anforderung durch die Finanzbehörde. Damit gilt nun eine einheitliche Vorlagefrist für sämtliche Formen der Verrechnungspreisdokumentation von 30 Tagen – und das nicht nur im Rahmen von (erwarteten) Betriebsprüfungen!


Die folgende Tabelle fasst die Änderungen im Bereich der Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen in einer Übersicht zusammen:


Tabelle 1: Übersicht über die Änderungen bzgl. der Vorlage von VP-Dokumentationen


Die Neuregelung zur Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen soll erstmals für Besteuerungszeiträume anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2024 beginnen. 

Praxishinweis

Für viele grenzüberschreitende Unternehmen, die die Größengrenzen überschreiten (d. h. konzerninterner Umsatz von mindestens 6 Mio. EUR bei Warenlieferungen bzw. 600.000 EUR bei Dienstleistungen), werden die verschärften Vorlagepflichten erhebliche Anpassungen der bisherigen Abläufe erforderlich machen. Die kommenden zwei Jahre bis zur erstmaligen Anwendung der verschärften Regelungen sollten dazu genutzt werden, diese Abläufe an die erforderlichen Bedingungen anzupassen. Denn Verrechnungspreisdokumentationen sollten zeitnah nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres erstellt werden, um diese bei einem möglichen Abruf durch die Finanzbehörde griffbereit zu haben. Angesichts des erheblichen Informations- und Aufbereitungsbedarfs dürfte die Erstellung des Local sowie u. U. zusätzlich des Master Files erst bei Bekanntgabe der Prüfungsanordnung oder sonstigen Anfrage innerhalb der geforderten 30-Tage-Frist nicht machbar sein.


Die strengeren Vorlagepflichten dürften auch den bereits immer stärker werdenden Fokus auf den Bereich der internationalen Verrechnungspreise noch weiter schärfen, wenn Dokumentationen künftig automatisch und nicht nur auf Anfrage im Rahmen von Betriebsprüfungen vorzulegen sind. Entsprechend wichtig sollte es für Unternehmen sein, interne Verrechnungspreise in Übereinstimmung mit dem geltenden international anerkannten Fremdvergleichsgrundsatz auszugestalten sowie dessen Einhaltung regelmäßig zu überprüfen.

Dr. Lisa Maria Fell

Assistentin der Steuerberatung

E-Mail:
Lisa.Fell@falk-co.de


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