Fallstricke bei der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie
Welche Rahmenbedingungen müssen für die Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie beachtet werden?
Mit dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 30.09.2022 wurde auch das Instrument einer sog. Inflationsausgleichsprämie eingeführt (§ 3 Nr. 11c EStG). Die Prämie war Teil des dritten Entlastungspakets vom 03.09.2022 der Bundesregierung. Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern eine Inflationsausgleichsprämie bis zu einer Höhe von 3.000 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei zukommen lassen, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise gezahlt wird.
Wem und wie kann die steuer- und beitragsfreie Prämie ausgezahlt werden?
Die Inflationsausgleichsprämie kann im Prinzip an alle Mitarbeiter gezahlt werden, somit auch an Minijobber.
Im Gegensatz zur Energiepreispauschale gehören auch beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer im zweiten Dienstverhältnis (also Steuerklasse VI) zum berechtigten Personenkreis.
Die Prämie kann in Geld oder auch in Form von Sachzuwendungen (z. B. als Gutschein) geleistet werden, sei es als Einmalbetrag oder in Teilbeträgen.
Die Regelung ist als Freibetrag ausgestaltet. Gewähren Arbeitgeber eine höhere Prämie, verbleibt diese bis zu einem Betrag in Höhe von 3.000 EUR steuer- und beitragsfrei, lediglich der übersteigende Betrag unterliegt der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht.
In welchem Zeitraum kann die steuer- und beitragsfreie Prämie gezahlt werden?
Die Prämie kann laut Gesetz im Zeitraum ab dem Folgetag nach Bekanntgabe des Gesetzes bis zum 31.12.2024 gezahlt werden. Die Bekanntgabe fand am 25.10.2022 statt, was bedeutet, dass der Zufluss der Prämie frühestens ab dem 26.10.2022 erfolgen durfte.
Müssen Arbeitgeber an alle Arbeitnehmer die Prämie in gleicher Höhe zahlen?
Die Antwort lautet: ein klares Jein.
Für die Steuer- und Beitragsfreiheit ist es grundsätzlich keine zwingende Voraussetzung, dass Arbeitgeber die Prämie an alle Arbeitnehmer und in gleicher Höhe auszahlen. Grundsätzlich handelt es sich um eine freiwillige Arbeitgeberleistung, d. h., Arbeitgeber sind nicht zur Zahlung verpflichtet. Ausnahme: Im anzuwendenden Tarifvertrag (z. B. Chemietarifvertrag) wurde dies vereinbart und der Tarifvertrag ist für den Arbeitgeber bindend.
Vorsicht ist allerdings geboten: Sowohl der arbeitsrechtliche als auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz sind zu beachten. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet Arbeitgebern eine willkürliche Regelung, sprich eine sachlich unbegründete Durchbrechung allgemeiner oder gruppenbezogener Regelungen zum Nachteil einzelner Arbeitnehmer. Innerhalb vergleichbarer Arbeitnehmergruppen muss die Gleichbehandlung sichergestellt sein.
Arbeitgeber, die die Inflationsausgleichsprämie nicht an alle Arbeitnehmer zahlen oder in unterschiedlicher Höhe leisten wollen, müssen dies anhand objektiver und sachlicher Kriterien differenzieren.
Auch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) begrenzt eine Differenzierung zwischen den Arbeitnehmern. Es verbietet, Mitarbeiter aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität unterschiedlich zu behandeln (§ 1 AGG).
Steuerfreie Inflationsausgleichsprämie statt steuer- und beitragspflichtiges Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld?
Hier ist zu beachten, dass die Zahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen muss. Nach Ansicht der Finanzverwaltung werden Leistungen der Arbeitgeber nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht (§ 8 Abs. 4 EStG), wenn
- die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
- der Arbeitslohn bei Wegfall der Leistung nicht erhöht
wird. In den meisten Fällen wird das Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld nicht zusätzlich zum Arbeitslohn geleistet, sondern ist einzelvertraglich oder in einem Tarifvertrag vereinbart.
Haben Arbeitgeber in zurückliegenden Kalenderjahren jedoch z. B. Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder Bonuszahlungen nur aufgrund eines Freiwilligkeitsvorbehalts geleistet, haben Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch auf die Zahlung. Die Zahlung ist folglich als zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn anzusehen. Unter Einhaltung der übrigen Voraussetzungen des § 3 Nr. 11c EStG können Arbeitgeber in solchen Fällen in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 entsprechende Zahlungen durch die freiwillige steuer- und beitragsfreie Inflationsausgleichsprämie ersetzen.
Haben Arbeitgeber keinen Freiwilligkeitsvorbehalt festgehalten und haben sie Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder sonstige Bonuszahlungen bereits drei Jahre lang vorbehaltlos als Zusatzleistung an die gesamte Belegschaft gezahlt, ist ‒ aufgrund betrieblicher Übung ‒ auch für die Zukunft ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer entstanden. In diesem Fall wäre die Umwandlung in die steuer- und beitragsfreie Prämie nicht möglich, weil die Zusätzlichkeit nicht gegeben ist.
Praxishinweis
Arbeitgeber sollten die beschriebenen Rahmenbedingungen bei Gehaltsverhandlungen mit den Arbeitnehmern beachten. Für einen befristeten Zeitraum gibt der Gesetzgeber ein interessantes Instrument an die Hand, um der Belegschaft eine zusätzliche Vergütung zukommen zu lassen, ohne dauerhaft die Personalkosten zu erhöhen.
Arbeitgeber haben die Zahlungen ebenso wie die Zwecksetzung der Zahlung im Lohnkonto zu dokumentieren. Insbesondere bei Prämien in Form von Sachzuwendungen sollten Arbeitgeber sich von ihren Arbeitnehmern bestätigen lassen, zu welchem Zeitpunkt diese die Zuwendung erhalten haben, um den Zuflusszeitpunkt zu dokumentieren.
