Neues aus Berlin - auch am Jahresende
Jahressteuergesetz 2022 auf der Zielgeraden, Immobilienbewertung im Fokus – Grundsteuerfrist verlängert, Offenlegungsfrist nicht
Die Bundesregierung hatte bereits am 14.09.2022 den Gesetzesentwurf für das Jahressteuergesetz (JStG) 2022 beschlossen. Nach einer Stellungnahme des Bundesrats deuten sich nun kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch Ergänzungen und Anpassungen des Gesetzespakets an. Daneben haben sich Bund und Länder auf eine Verlängerung der am 30.10.2022 auslaufenden Frist für die Abgabe der Erklärungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte geeinigt. Die vielfach geforderte Verlängerung der Frist für die Offenlegung der Jahresabschlüsse 2021 wurde hingegen vom Bundesministerium der Justiz ausgebremst.
Entwurf für das JStG 2022
Mit dem JStG 2022 sollen bis zum Ende des Jahres notwendige Anpassungen an EU-Recht sowie Reaktionen auf die jüngere (zumeist unliebsame) Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, des Bundesverfassungsgerichts und des EuGHs vorgenommen werden. Daneben sieht der Gesetzesentwurf vom 14.09.2022 auch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen zur weiteren Umsetzung des Koalitionsvertrags der Bundesregierung vor (siehe hierzu FALK Newsletter 05|2022). Nachdem der Bundesrat nun mit einer Stellungnahme vom 28.10.2022 Änderungen des aktuellen Entwurfs gefordert hat, sind kurzfristige Anpassungen zu erwarten.
Stellungnahme des Bundesrats
Insbesondere im Bereich der Ertragsteuern sieht der Bundesrat weiteren Anpassungsbedarf. Zum Beispiel bat er – zum wiederholten Mal – um die Prüfung einer möglichen Ausweitung der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter auf Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs-/Herstellungskosten 1.000 EUR (bisher: 800 EUR) nicht übersteigen. Auch eine Konkretisierung der Anforderungen an den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer bei der Gebäudeabschreibung soll geprüft werden. Der bisherige Gesetzesentwurf sah vor dem Hintergrund der ebenfalls geplanten Erhöhung des Abschreibungssatzes für Wohngebäude mit Fertigstellung nach dem 30.06.2023 von 2 % auf 3 % einen ersatzlosen Wegfall dieses Nachweises vor. Da durch diese faktische Reduktion der gesetzlichen Gebäudenutzungsdauer der Anwendungsbereich des immer wieder streitbehafteten Nachweises ohnehin reduziert wird, sollte dieser nach Auffassung der Bundesregierung zur Verwaltungsvereinfachung gänzlich entfallen.
Praxishinweis
Der Entwurf des JStG 2022 sieht zum 01.01.2023 auch eine Reihe von Änderungen im Hinblick auf die steuerliche Immobilienbewertung vor. Neben einer Senkung der gesetzlich normierten Liegenschaftszinssätze sollen sowohl die gesetzlichen Sachwertfaktoren/Wertzahlen für das Sachwertverfahren als auch die typisierte Nutzungsdauer für verschiedene Gebäudeklassen angehoben werden. Im Ergebnis ist mit einem signifikanten Anstieg der Immobilienwerte für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke zu rechnen. Sofern bei Ihnen ohnehin in absehbarer Zeit eine Vermögensnachfolge ansteht, sollte geprüft werden, ob eine kurzfristige Übertragung Ihrer Immobilien noch in diesem Jahr sinnvoll und – mit Blick auf den erforderlichen Notartermin – möglich ist.
Weiterer Zeitplan
Dem Vernehmen nach wird der Bundestag das JStG 2022 erst Anfang Dezember beschließen – je nachdem, wann man sich mit den Bundesländern über die strittigen Punkte einigt. Dann hätte der Bundesrat in seiner letzten Sitzung des Jahres am 16.12.2022 noch die Möglichkeit, seine Zustimmung zu erteilen. Sicher ist dieser zeitliche Ablauf allerdings noch nicht.
Sonstige Entwicklungen
Abseits des JStG 2022 hat das Bundesministerium für Justiz bekannt gegeben, dass eine Verlängerung der am 31.12.2022 auslaufenden Frist für die Offenlegung der Jahresabschlüsse 2021 aus europarechtlichen Gründen abgelehnt wird. Diese Entscheidung ist äußerst kritisch zu sehen, da hierdurch die Verlängerung der Abgabefrist für die Steuererklärungen 2021 – für beratene Steuerpflichtige bis zum 31.08.2023 – bei offenlegungspflichtigen natürlichen bzw. juristischen Personen konterkariert bzw. häufig sogar ins Leerer laufen wird.
Bessere Nachrichten gibt es hingegen im Hinblick auf die Grundsteuer. Bund und Länder haben sich auf eine Verlängerung der Abgabefrist für die Feststellungserklärungen zu den Grundsteuerwerten vom 31.10.2022 auf den 31.01.2023 geeinigt. Da es sich nach Aussage der Beteiligten um die letzte Fristverlängerung handelt, besteht – sofern die Erklärungen nicht bereits abgegeben wurden – weiterhin akuter Handlungsbedarf.
Fazit
Eine Vielzahl von Gesetzeswerken (siehe hierzu FALK Newsletter 05|2022) ist mittlerweile verabschiedet (stellvertretend genannt sei das Inflationsausgleichsgesetz, mit dem insbesondere Progressionseffekte infolge von inflationsbedingten Einkommenserhöhungen ausgeglichen werden sollen). Der Gesetzgebungsprozess für das im Hinblick auf die Anzahl der Änderungen bedeutende Jahressteuergesetz 2022 befindet sich hingegen erst auf der Zielgeraden. Es darf mit Spannung erwartet werden, welche Änderungsvorschläge des Bundesrats Eingang in die finale Gesetzesfassung finden. Da eine Anpassung der im Entwurf enthaltenen Neuregelungen für die steuerliche Immobilienbewertung eher unwahrscheinlich erscheint, könnte sich im Einzelfall die Prüfung einer vorgezogenen Immobilienübertragung noch in diesem Jahr empfehlen. Wir unterstützen Sie hierbei gerne!
