Umsatzbesteuerung der Dienstwagenüberlassung – alles beim Alten
BFH bestätigt die bisherige Besteuerungspraxis für auch privat genutzte Firmenwagen
Äußerungen des EuGH aus der jüngeren Vergangenheit waren dahingehend interpretiert worden, dass es bei der Umsatzbesteuerung der privaten Dienstwagennutzung zu einer Kehrtwende kommen könnte. Dieser Linie folgend hatte das Finanzgericht des Saarlands in einem Urteil von Juli 2021 einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der teilweisen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verneint und keinen tauschähnlichen Umsatz angenommen. Der BFH hat nun mit seiner aktuellen Entscheidung vom 30.06.2022 – V R 25/21 für Ernüchterung gesorgt und die bisher übliche Handhabung manifestiert. Hierbei wird für die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes im Wesentlichen auf das im Arbeitsvertrag eingeräumte Recht zur Privatnutzung abgestellt, weshalb die anteilige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung des PKW für private Zwecke anzusehen sei.
Hintergrund
Sowohl die entgeltliche als auch die unentgeltliche Fahrzeugüberlassung unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer. Dennoch spielt die Frage der (Un-)Entgeltlichkeit eine große Rolle, da sich im Detail deutliche Unterschiede bei der Besteuerung ergeben können – sei es bei der Bestimmung des (fingierten) Leistungsorts in grenzüberschreitenden Fällen oder bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage.
Die Besteuerung einer unentgeltlichen Überlassung eines PKW würde aufgrund der besonderen (Ersatz-) Bemessungsgrundlage betragsmäßig nur Ausgaben betreffen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben. Demnach wären KFZ-Steuer und Versicherung regelmäßig nicht zu berücksichtigen. Konnte aus dem Erwerb des Fahrzeugs oder aus den Leasingraten bzw. aus anderen Fahrzeugkosten ebenfalls keine Vorsteuer abgezogen werden, ergäbe sich bei einer unentgeltlichen Überlassung eine wesentlich geringere Bemessungsgrundlage.
Bei der entgeltlichen Überlassung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes ist der Wert der (anteiligen) Arbeitsleistung als Entgelt anzusehen. In der Praxis wird der Wert anhand der lohnsteuerlichen Werte (1%-Regelung) oder mit der Fahrtenbuchmethode ermittelt. Es handelt sich mithin um eine pauschale Ermittlung oder um einen Prozentsatz (ermittelt durch den Privatanteil an der Gesamtfahrleistung) der gesamten Kosten. In beiden Fällen darf kein Abschlag für nicht mit Vorsteuer belastete Kosten vorgenommen werden.
Entscheidung des BFH
Der BFH ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das Finanzgericht irrtümlich von einer unentgeltlichen Leistung ausgegangen ist. Der EuGH hatte in seiner Entscheidung vom 20.01.2021 – C-288/19, auf die das Finanzgericht Bezug genommen hatte, lediglich dargelegt, dass eine unentgeltliche Überlassung keine Dienstleistung gegen Entgelt und somit keine Vermietung eines Beförderungsmittels darstellen kann. Auf die grundsätzliche Möglichkeit, dass die Gegenleistung für eine Fahrzeugüberlassung auch in der anteiligen Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers bestehen kann, sei der EuGH gar nicht eingegangen. Daraus könne allerdings nicht geschlossen werden, dass der EuGH von seiner langjährigen Rechtsprechung (insbesondere Entscheidung vom 03.07.1997 – C‑330/95) abweichen wollte, wonach auch Sachleistungen eine Gegenleistung darstellen können.
Praxishinweis
Maßgebend war für den BFH im vorliegenden Fall die ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag, wonach die beiden Geschäftsführer der Klägerin zur privaten Nutzung der überlassenen Fahrzeuge berechtigt waren und auch tatsächlich von diesem Recht Gebrauch machten. Interessant wäre daher die Frage, wie der Fall zu entscheiden ist, wenn es an dieser ausdrücklichen Regelung fehlt, aber die Privatnutzung auch nicht vertraglich ausgeschlossen ist. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise legt jedoch nahe, darin dennoch einen tauschähnlichen Umsatz zu sehen. Denn die Überlassung bzw. die faktische Möglichkeit, das Fahrzeug auch für private Zwecke nutzen zu können und zu dürfen, verkörpert für den Arbeitnehmer einen Wert. Der Arbeitgeber verfolgt mit der Überlassung auch für private Zwecke keine altruistischen Ziele, sondern möchte den Arbeitnehmer für seine geleistete Arbeit neben dem Barlohn mit einer Sachlohnkomponente vergüten. Wenn dieser Fall auch noch nicht durch die Rechtsprechung entschieden ist, so wird jedenfalls die Finanzverwaltung in dieser Konstellation aufgrund der betrieblichen Übung der Überlassung einen entgeltlichen Vorgang sehen und sie der Umsatzsteuer unterwerfen wollen.
