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Hü und Hott, das geht flott!

Verlustverrechnungsbegrenzung bei Termingeschäften: Alles nicht so gemeint?

Ausgangslage: Vermutlich verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Verlusten aus Termingeschäften

Wie in unserem FALK Newsletter 04/2024 ausführlich dargelegt, steht die erst mit Wirkung zum Jahr 2021 eingeführte Verlustverrechnungsbegrenzung bei Termingeschäften im Privatvermögen (Optionen, Futures, Swaps und CFDs) schon jetzt unter dem Verdacht der Verfassungswidrigkeit. In mehreren Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes haben Finanzgerichte und im Anschluss der Bundesfinanzhof (BFH) eine offensichtliche Verfassungswidrigkeit moniert und deshalb die Vollziehung ausgesetzt. Hintergrund dieser Verdikte ist die zweifach wirkende Verlustverrechnungsbegrenzung bei Termingeschäften. Während bei Aktienveräußerungsverlusten bereits die „nur“ dem Grunde nach begrenzte Verlustverrechnung vom BFH als verfassungswidrig angesehen wurde, gibt es bei Termingeschäften zusätzlich eine Begrenzung der Höhe nach. Verluste aus diesen Geschäften dürfen nur bis zu einem Betrag von 20 TEUR im jeweiligen Veranlagungszeitraum abgezogen werden; mittels Verlustvortrag dürfen in zukünftigen Jahren ebenfalls jeweils maximal 20 TEUR pro Jahr abgezogen werden.


Rolle rückwärts des Gesetzgebers …

In einem eher seltenen Fall von proaktiver Einsichtigkeit hat der Gesetzgeber diese Regelung mit Rückwirkung ersatzlos abgeschafft – ebenso wie die Verlustbegrenzung bei Forderungsausfall bzw. in Fällen wertloser Ausbuchung (§ 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG). Damit werden diese Verluste rückwirkend – zumindest innerhalb der Schedule „Kapitaleinkünfte“ - wieder vollständig zum Abzug zugelassen; eventuelle Gesamtverluste in einem Veranlagungsjahr wären dann als vortragsfähige Verluste aus Kapitalvermögen festzustellen. Der Bundestag hat diese Änderung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 bereits angenommen und auch der Bundesrat hat am 22.11.2024 die Änderung angenommen.


Aber die Freude über die voraussichtliche Änderung hat doch zwei Haken – ganz abgesehen vom ex post betrachtet unnötigen Aufwand der Steuerpflichtigen für ihren jeweiligen Rechtsschutz. So soll die Verlustbegrenzung nur mit Rückwirkung für alle noch offenen Fälle aufgehoben werden. Wurde also beispielsweise gegen belastende Bescheide aus den Jahren 2021 und 2022 (ggf. 2023) kein Einspruch eingelegt, dürften diese regelmäßig bereits in Bestandskraft erwachsen sein, sofern nicht ein Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid enthalten ist.


… oder doch nicht?

Der zweite Haken betraf die nahende Auflösung des Parlaments. Laut dem sogenannten Diskontinuitätsgrundsatz gelten nämlich aktuell beratene, aber vom Bundestag noch nicht beschlossene Gesetze mit der Auflösung des Parlaments als erledigt. Glücklicherweise hatte der Bundestag das zugehörige Gesetz bereits beschlossen, weshalb der Diskontinuitätsgrundsatz insoweit keine Anwendung mehr finden konnte. Der Bundesrat konnte deshalb auch nach der Auflösung des Bundestags über das bereits beschlossene Gesetz entscheiden. Inhaltlich war das auch nicht zweifelhaft und in der Tat hat der Bundesrat das zugehörige Gesetz auch gebilligt.

Praxishinweis

Vor diesem Hintergrund ist es noch solange ratsam, in solchen Fällen Einspruch einzulegen und ggf. Aussetzung der Vollziehung zu beantragen, bis die Finanzämter die gesetzliche Änderung tatsächlich umsetzen. Nach unseren Erfahrungen wird inzwischen problemlos unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung nicht nur Ruhen des Verfahrens gewährt, sondern auch die Aussetzung der Vollziehung.

 

Wenig überraschend will der Gesetzgeber im Übrigen bei den Aktienveräußerungsverlusten das Urteil des Verfassungsgerichts abwarten – anstatt auch hier proaktiv die nach Überzeugung der Rechtsprechung und der Literatur verfassungswidrige Begrenzung ersatzlos abzuschaffen. Die Einsichtsfähigkeit des Gesetzgebers gelangt also – ganz im Einklang mit der jetzigen Bundesregierung – an ihre Grenzen …

 

Um sich sämtliche Optionen offen zu halten, sollte jedenfalls bis spätestens zum 15.12.2024 im Falle von realisierten, nicht im Jahresverlauf 2024 bereits verrechneten Verlusten aus Aktiengeschäften bei der depotführenden Bank die Ausstellung einer Verlustbescheinigung beantragt werden.

Dr. Gregor Führich

Steuerberater

E-Mail:
gregor.fuehrich@falk-co.de


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