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Verfassungswidrigkeit mit Ansage!

Eindeutiger Beschluss des Bundesfinanzhofs zur Verlustverrechnungsbegrenzung bei Termingeschäften

Doppelte Ungleichbehandlung von Verlusten aus Termingeschäften

Private Kapitaleinkünfte unterliegen seit 2009 dem abgeltenden Steuerabzug von 25 % (zzgl. SolZ und ggf. KiSt). Es wurde damit eine separate Schedule „Kapitaleinkünfte“ im Steuerrecht geschaffen. Konsequenterweise verbleiben Verluste aus Kapitaleinkünften innerhalb dieser Schedule und können nicht mit progressiv besteuerten Einkünften verrechnet werden. Eine weitere Verlustverrechnungsbegrenzung innerhalb dieser Schedule ist weder systematisch noch steuerpolitisch geboten. Trotzdem hatte der Gesetzgeber von Anfang an eine solche Begrenzung für Verluste aus Aktienveräußerung vorgesehen. Das dagegen anhängige Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit dieser Begrenzung scheint den Gesetzgeber „inspiriert“ zu haben, weitere potentiell verfassungswidrige Verlustverrechnungsbegrenzungen einzuführen.


So wurde – neben anderen Tatbeständen – mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 2021 eine Verlustverrechnungsbegrenzung für Termingeschäfte eingeführt. Als Termingeschäfte gelten dabei Optionen, Futures, Swaps und CFDs, nicht jedoch Optionsscheine. Die Begrenzung wirkt noch schärfer als im Bereich der Aktienverluste (doppelte Ungleichbehandlung im Bereich der Termingeschäfte). Zum einen dürfen solche Verluste nur mit Gewinnen aus gleichartigen Geschäften verrechnet werden und zum anderen gibt es eine betragsmäßige Begrenzung von 20 TEUR im jeweiligen Veranlagungszeitraum; auch beim Vortrag in zukünftige Jahre dürfen maximal 20 TEUR pro Jahr abgezogen werden. Bei einem Terminverlust von 200 TEUR wäre der Verlust also erst in 10 Jahren voll verwertbar, vorausgesetzt dass ausreichend hohe Termingewinne erzielt werden und keine Verluste anfallen, die zu einer weiteren zeitlichen Streckung führen würden. Wenig überraschend traf diese Begrenzung auf harsche Kritik von vielen Seiten und der BFH hat diese Kritik nun bestätigt.


Beschluss des Bundesfinanzhofs

In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hatte bereits die erste Instanz des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden und Aussetzung der Vollziehung gewährt. In der zweiten Instanz hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) dem in vollem Umfang angeschlossen (Az. VIII B 113/23). Im Sachverhalt hatte der Mandant einen Terminverlust in Höhe von rd. 227 TEUR und einen Termingewinn in Höhe von rd. 250 TEUR erzielt. Aufgrund der Begrenzung musste der Steuerpflichtige auf den Saldo von lediglich rd. 23 TEUR insgesamt Steuern in Höhe von rd. 60 TEUR zahlen, da der Terminverlust nach dem Gesetzeswortlaut nur begrenzt auf 20 TEUR abgezogen werden darf. Der BFH kommt zum Ergebnis, dass eine solche Übermaßbesteuerung nicht mit Art. 3 des Grundgesetzes vereinbar ist und es auch keine Rechtfertigungsgründe hierfür gibt.


Offensichtlich behandelt die Vorschrift Steuerpflichtige bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften unterschiedlich, je nachdem, aus welcher Kapitalanlage die Verluste stammen. Da diese Verluste jedoch in der Schedule „Kapitalvermögen“ verbleiben, ist ein sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht ersichtlich. Es ist widersprüchlich, die Sofortversteuerung nur für die durchaus hohen Gewinne anzuordnen, die Besteuerung der Verluste hingegen mittels der Betragsgrenze von 20.000 EUR zeitlich stark zu strecken.


Die Verlustverrechnungsbeschränkung geht aufgrund der doppelten Ungleichbehandlung mit dem hohen Risiko einher, dass die Verlustberücksichtigung in der Zukunft faktisch ausgeschlossen ist. Somit muss der Steuerpflichtige entweder mit Beendigung von Termingeschäften die endgültige Nichtberücksichtigung von Verlusten akzeptieren oder er wird dazu gezwungen, die Investitionstätigkeit in die voraussichtlich verlustbringenden Termingeschäfte aus rein steuerlichen Gründen fortzuführen. In diesem Fall werden die Steuerpflichtigen – entgegen der Gesetzesbegründung – nicht vor spekulativen Geschäften geschützt.


Dieser laut Gesetzesbegründung einzige angeführte Rechtfertigungsgrund ist aber auch deshalb fragwürdig, weil Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich mit Risiko behaftet sind. Zudem weist der BFH darauf hin, dass nicht alle Termingeschäfte rein spekulativer Natur sein müssen, sondern auch der Absicherung dienen können.


Im Ergebnis liegt ein nicht zu rechtfertigender Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor. 

Praxishinweis

Diese Entscheidung ist für Steuerpflichtige höchst erfreulich und u. E. auch sachlich zutreffend! Mit dieser Entscheidung im Rücken sollten betroffene Steuerpflichtige Einspruch einlegen und Aussetzung der Vollziehung beantragen, gerade wenn die Steuerbelastung solch absurde Züge annimmt wie im Urteilssachverhalt.

 

Allerdings hat kürzlich das FG Baden-Württemberg in einem Hauptsacheverfahren entschieden, dass die Verlustverrechnungsbegrenzung noch verfassungskonform sei. Gegen dieses Urteil ist Revision beim BFH anhängig (VIII R 11/24), sodass einem Antrag auf Ruhen des Einspruchs entsprochen werden muss. Es bleibt zu hoffen, dass der BFH das Urteil des FG kassiert und den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorlegt.

Dr. Gregor Führich

Steuerberater

E-Mail:
gregor.fuehrich@falk-co.de


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