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Zinsaufwendungen und doch kein Betriebsausgabenabzug im Konzern – der Regelungswahn nimmt kein Ende

Ein Überblick über steuerliche Abzugsbeschränkungen für Zinsaufwendungen

Dass sich Darlehen als hervorragendes Mittel eignen, um mit verhältnismäßigem Aufwand durch Zinsen Gewinne steuerlich zu beeinflussen, ist weitläufig bekannt. Dass diese „Flexibilität“ insbesondere in grenzüberschreitenden Konzernsachverhalten regelmäßig für erhebliches Diskussionspotenzial in Betriebsprüfungen sorgt, ebenso. Neben den infolge dieses Interessengegensatzes bereits früher geschaffenen Paragraphen 4h, 4i und 4k EStG soll mit dem Wachstumschancengesetz ein weiteres Hindernis für den steuerlichen Abzug aufgestellt werden: § 4l EStG-E (sog. Zinshöhenschranke). Dieser Beitrag soll skizzieren, in welchem (Zins-)Rahmen sich Steuerpflichtige nach dessen Einführung noch bewegen würden.


Steuerliche Restriktionen beim Zinsausgabenabzug im Konzern – eine Bestandsaufnahme

Bereits jetzt sehen sich international agierende Konzerne verschiedenen Zinsabzugsbeschränkungen gegenüber. Einige der wichtigsten sind nachfolgend skizziert:


Ziel der Zinsschranke (§ 4h EStG): Verringerung der Verschuldungsquote inländischer Gesellschaften

Mit der sog. Zinsschranken-Regelung soll im Grunde verhindert werden, dass Konzerne durch übermäßige Fremdfinanzierung einzelner inländischer Gesellschaften im Konzern nach Belieben deren steuerliches Ergebnis zu Lasten des Steueraufkommens in Deutschland beeinflussen können. Die steuerliche Abzugsfähigkeit der Zinsen steht immer dann im Feuer, wenn die Differenz zwischen Zinsaufwendungen und Zinserträgen (sog. Nettozinsaufwendungen) die Freigrenze von EUR 3 Mio. überschreitet. Zinsaufwendungen sind dann nur noch insoweit steuerlich abzugsfähig, als die Gesellschaft ausreichend profitabel ist – vereinfacht gesagt sind Zinsen dann nur noch in Höhe von 30 % des EBITDA abzugsfähig. Darüber hinausgehende Zinsaufwendungen sind grundsätzlich vortragsfähig und in zukünftigen Jahren steuerlich prinzipiell abzugsfähig (sog. Zinsvortrag).


Konzernunternehmen können der Zinsschranke beispielsweise dann entgehen, wenn das Verschuldungsniveau der inländischen Gesellschaft mindestens dem Niveau auf Konzernebene entspricht – konkret, wenn nachgewiesen wird, dass die Eigenkapitalquote der inländischen Gesellschaft mindestens so hoch ist, wie diejenige auf Konzernebene (sog. Eigenkapitalvergleich bzw. „safe haven“).

Praxishinweis

Mit dem Wachstumschancengesetz soll ferner ab dem Veranlagungszeitraum 2024 die Zinsschranke für gleichartige und unter einheitlicher Leitung stehende Nicht-Konzerngesellschaften greifen, sofern die Nettozinsaufwendungen in Summe EUR 3 Mio. überschreiten. Ferner soll der Begriff der „Zinsaufwendungen“ nachgeschärft und u. a. um „andere wirtschaftlich mit Zinsen vergleichbare Aufwendungen“ erweitert werden – damit fielen zukünftig auch Auf- und Abzinsungen in den Anwendungsbereich der Zinsschranke. Es bleibt abzuwarten, ob der Regierungsentwurf es am 10.11.2023 durch den Bundestag und am 15.12.2023 durch den Bundesrat schafft.

Hybride Finanzierungsinstrumente (§ 4k EStG): Vermeidung von doppelten Steuervorteilen durch Zinsen

Bereits mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz in 2021 und mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 2020 hat der Gesetzgeber eine weitere Regelung zur Beschränkung des Zinsausgabenabzugs eingeführt. Erst im Juli 2023 hat sich die Finanzverwaltung in einem ersten Entwurf eines BMF-Schreibens konkret zur Umsetzung der recht komplexen Gesetzesregelung geäußert.


Diese Regelung soll im Kern die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen in Konzernsachverhalten begrenzen, die – zumeist aufgrund von Qualifikationskonflikten – entweder (a) in zwei Ländern steuerlich abzugsfähig sind (sog. Double Deduction bzw. DD) oder (b) im Inland steuerlich abzugsfähig, im Ausland aber nicht steuerpflichtig sind (sog. Deduction/Non-Inclusion bzw. D/NI). Im Anwendungsbereich der Norm liegen damit hybride Finanzinstrumente, wie insbesondere Wandelanleihen, Hybriddarlehen oder Genussrechte.


Eine „gute“ Nachricht gibt es allerdings: Die Beweislast, dass Zinsaufwendungen steuerlich nicht abziehbar sind, liegt beim Finanzamt – wobei Steuerpflichtige besondere Mitwirkungspflichten treffen, da es sich um Auslandssachverhalte handelt.


Arm‘s length principle (§ 1 Abs. 2 AStG): Vermeidung willkürlicher Gewinnverschiebungen im Konzern

Neben den zuvor genannten Restriktionen ist auch der Fremdvergleichsgrundsatz (arm’s length principle) zu beachten, wonach konzerninterne Finanzierungen unter fremdüblichen Bedingungen zustandekommen müssen. Hier geht es im Kern darum, einen angemessenen Zinssatz für konzerninterne Darlehensbeziehungen zu identifizieren, der sich grundsätzlich aus der Bonität der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft ergibt. In der Vergangenheit für Diskussion gesorgt hatte dabei insbesondere die Frage nach den Auswirkungen eines etwaigen Konzernrückhalts – mithin die Tatsache, dass hinter einer mutmaßlich (auf Stand-alone-Basis) bonitätsschwachen Gesellschaft ein entsprechender Konzern mit besserer Bonität steht. Mittlerweile herrscht hier aber die einvernehmliche Auffassung zwischen Verwaltung und Rechtsprechung, dass ein faktischer Konzernrückhalt nicht die Bonität der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft beeinflusst.


Die neueste Produktidee des BMF: Die sog. Zinshöhenschranke (§ 4l EStG-E) zur Deckelung des Zinssatzes

Nunmehr sieht der Gesetzesentwurf des Wachstumschancengesetzes eine sog. Zinshöhenschranke ab Veranlagungszeitraum 2024 vor – damit will man „aggressiven Gestaltungen“ begegnen, die bisher genutzt würden, um Gewinne ins niedrig besteuernde Ausland zu verlagern. Zinsaufwendungen an nahestehende Personen (z. B. aufgrund einer mind. 25 %- Beteiligungsquote) wären demnach nur steuerlich abziehbar, soweit sie einen gesetzlich definierten Höchstzinssatz nicht übersteigen, der sich am Zinssatz des § 247 BGB festmacht. Im 2. Halbjahr 2023 wäre der anzulegende Maßstab beispielsweise ein Zinssatz von 5,12 % p. a. gewesen.


Darüber hinausgehende Zinsaufwendungen sollen ausnahmsweise dann abziehbar sein, wenn der Gläubiger und die Konzernspitze für die Darlehensaufnahme nachweislich einen höheren Zinssatz für die Refinanzierung hätten zahlen müssen. Maßgebliche Konzernspitze soll dabei die „oberste Muttergesellschaft“ sein, die bereits für Zwecke der globalen Mindestbesteuerung definiert wurde. Als Nachweis kämen bspw. der tatsächliche Refinanzierungszinssatz oder Datenbankstudien in Betracht. Angebote von Banken sollen hingegen nicht ausreichen.


Ebenfalls keine Anwendung soll die Zinshöhenschranke finden, wenn die Finanzierungsgesellschaft einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland nachgeht (sog. Substanzausnahme). Dabei erforderlich sei, dass die Finanzierungsgesellschaft bzw. deren Entscheidungsträger über die Fähigkeiten, Befugnisse und eine entsprechende Informationsbasis verfügen, das Finanzierungsrisiko zu kontrollieren und zu tragen. Finanzierungsgesellschaften in Steueroasen, die Deutschland keine Amtshilfe leisten, sollen von der Substanzausnahme ausgeschlossen sein.

Fazit

Deutsche Konzerngesellschaften hätten bei der Finanzierung zukünftig einen Vierklang aus (1) angemessenem Verschuldungsgrad, (2) geeigneten Finanzierungsinstrumenten, (3) fremdüblichen Zinssätzen und (4) maximalem Zinssatz zu orchestrieren, um die steuerliche Abziehbarkeit der Zinsaufwendungen nicht zu gefährden. Daneben schlägt regelmäßig die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsaufwendungen zu.

Robert J. Wiemeyer

Steuerberater

E-Mail:
robert.wiemeyer@falk-co.de


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