Außer Spesen nichts gewesen – stimmt das?
BMF veröffentlicht Statistik der bearbeiteten Einsprüche in 2022
Bei vielen unserer Mitbürger:innen ist das Thema Steuern eher verpönt. Die Vorbereitung der jährlichen Steuererklärung wird möglichst lange hinausgeschoben, die angeforderten Belege werden erst kurz vor Fristablauf an den Berater gegeben und bei eingehender Post vom Finanzamt zuckt man zusammen – insbesondere wenn es um Steuerbescheide geht: Ein Wust von Zahlen und amtlichen Hinweisen, die man ohnehin nicht versteht. Entweder der mandatierte Steuerberater befasst sich damit oder man heftet den Bescheid ab. Tatsächlich schlummert aber in Bescheiden häufig bares Geld, da sich Fehler zu Lasten der betroffenen Steuerzahler:innen eingeschlichen haben. Es lohnt sich also häufig, sich die Bescheide näher anzuschauen, gegen mögliche Fehler zur Wehr zu setzen und einen Einspruch einzulegen. Die amtliche Statistik der Finanzverwaltung für 2022, die jüngst veröffentlicht wurde, bestätigt das einmal mehr.
Die „Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern“, die turnusmäßig vom Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlicht wird, enthält auch für 2022 einige aufschlussreiche Fakten. Immerhin stolze drei Millionen Einsprüche wurden eingelegt, d. h. bei ebenso vielen Steuerbescheiden oder anderen Verwaltungsakten wurden seitens der Betroffenen Fehler vermutet.
Laut Statistik waren die Finanzämter bei der Bearbeitung auch sehr fleißig, denn eine ähnlich hohe Anzahl, nämlich sogar fast 3,3 Millionen Fälle, wurden in 2022 bearbeitet. Mit anderen Worten: Der Bestand zum Jahresende hat sich um immerhin 300.000 Fälle auf rd. 2,3 Millionen reduziert.
Aber Achtung: Die Statistik beweist nicht, dass der eigene Fall definitiv innerhalb eines Jahres bearbeitet wird. Denn insbesondere die komplexen Fälle können nach unserer Wahrnehmung deutlich länger dauern. Wen wundert das, klagen doch auch die Finanzämter im Allgemeinen und die Rechtsbehelfsstellen im Besonderen regelmäßig über erheblichen Personalmangel.
Noch interessanter ist jedoch die Frage nach den Erfolgsaussichten. Auch hier ist prima facie eine Zahl beeindruckend: 2,1 Millionen: Das ist die Anzahl der erfolgreichen Einspruchsverfahren, in denen dem Begehren des Steuerbürgers – wie es offiziell heißt – Abhilfe geleistet und der Bescheid zugunsten des Betroffenen berichtigt wird. Rein statistisch sind also rd. 2 von 3 Einsprüchen von Erfolg gekrönt.
Um diese Quote aus Sicht der Finanzbehörden nicht in einem allzu schlechten Licht erscheinen zu lassen, – ob der Qualität der geleisteten Arbeit der Veranlagungsbeamten – weist man darauf hin, dass eine – ungenannte Zahl – von erfolgreichen Verfahren darauf beruht, dass erst nach Erlass von (Schätz-)Bescheiden – quasi als Druckmittel – im Einspruchsverfahren Steuererklärungen abgegeben oder steuermindernde Aufwendungen geltend gemacht werden.
Und was ist mit den verbleibenden rd. 1,2 Millionen Einsprüchen passiert?
Ganz grob gilt hier der altbekannte Halbteilungsgrundsatz: Ca. 50 % haben sich durch Rücknahme des Einspruchs erledigt (sprich der Einspruchsführer hat die Hoffnungslosigkeit des Unterfangens eingesehen). Die anderen 50 % wurden von den Finanzämtern abgelehnt. Dies sind aus Sicht der Beamten in den Rechtsbehelfsstellen die unangenehmen, weil arbeitsintensiven Fälle, in denen eine sog. Einspruchsentscheidung ausgearbeitet werden muss, in denen die Gründe für die Ablehnung mehr oder weniger ausführlich dargestellt werden. Diese Einspruchsentscheidung ist dann die Grundlage für die nächste Eskalationsstufe, das Klageverfahren beim zuständigen Finanzgericht. Ausweislich der Statistik des BMF wird ungefähr in jedem 10. Fall Klage erhoben. Um die weiteren Erfolgsaussichten beurteilen zu können, muss dann allerdings eine andere Statistik bemüht werden …
Um etwas Wasser in den Wein der Erfolgsaussichten zu gießen, darf natürlich nicht verschwiegen werden, dass viele der spannenden und häufig auch materiell bedeutenden Fälle in die zuletzt angesprochene Kategorie der – zumindest zunächst – erfolglosen Verfahren fallen. In welchem betragsmäßigen Verhältnis die erfolgreichen zu den erfolglosen Verfahren stehen, lässt sich der BMF-Statistik leider nicht entnehmen.
Blick in die Zukunft
Mit Spannung erwartet werden darf die Statistik für 2023. Für die Anzahl der eingelegten Einsprüche werden vermutlich Rekordzahlen gemeldet – die häufig beanstandeten Feststellungen der neuen Grundsteuerwerte auf den 01.01.2022 verhageln voraussichtlich die Statistik. Dies wird insbesondere
auch für das Verhältnis der bearbeiteten zu den eingelegten Einsprüchen gelten – nachdem dem Vernehmen nach die Einsprüche zur Grundsteuer durchweg ohne Bearbeitung gestapelt bzw. archiviert werden.