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Auszahlung von Abfindungen als Teilzahlungen über mehrere Jahre – aus steuerlicher Sicht keine gute Lösung

BFH bestätigt seine ständige Rechtsprechung – auch bei prima facie nicht der Abfindung zuzuordnenden Zahlungskomponenten ist Vorsicht geboten

Das BFH hat mit Urteil vom 06.12.2021 - IX R 10/21 zum wiederholten Mal bestätigt, dass in verschiedenen Jahren geleistete (Teil-)Zahlungen, die jeweils auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen sind, als einheitliche Abfindung/Entschädigung zu werten sind und somit nicht begünstigt besteuert werden dürfen (Stichwort Fünftelregelung). Nach der erst nachträglich veröffentlichten Entscheidung soll dies auch für den Fall einer sog. Startprämie gelten: Diese Zahlung wurde fällig, weil der Arbeitnehmer sein Beschäftigungs- und Qualifizierungsverhältnis bei einer Transfergesellschaft vorzeitig gekündigt und bei einem anderen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis aufgenommen hatte.


Um welche Situation geht es?

Der Arbeitnehmer (Kläger) und sein Arbeitgeber schlossen infolge von Umstrukturierungs- und Arbeitsplatzabbaumaßnahmen unter Beteiligung einer Transfergesellschaft (TG) eine Vereinbarung, die die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und eine befristete Beschäftigung in der TG vorsah. Aus dem Aufhebungsvertrag erhielt der Arbeitnehmer eine Sozialplanabfindung von 115.700 EUR in einem Jahr und eine Zusatzabfindung sowie eine sog. Startprämie von zusammen 59.250 Euro im Folgejahr von der TG. Die Zusatzabfindung basierte auf einem gestaffelten System und war an im Einzelnen normierte Bedingungen geknüpft. So sollte der Arbeitnehmer bspw. eine „Zusatzabfindung“ i. H. v. 40.000 EUR erhalten, wenn er – ggf. nach Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses mit einer ersten TG A – eine (weitere) befristete Beschäftigung in einer anderen TG B ausschlüge. Sofern ein Arbeitsverhältnis bei einem neuen Arbeitgeber angetreten und deshalb das Arbeitsverhältnis bei der TG A gekündigt oder ruhend gestellt würde, sollte der Arbeitnehmer eine zeitlich gestaffelte sog. „Startprämie“ erhalten – je früher der Arbeitnehmer aus den TG ausschied, desto höher war die Startprämie. Das Finanzamt unterwarf die dem Kläger in 2015 und 2016 zugeflossenen Beträge jeweils der tariflichen Einkommensteuer – also ohne Anwendung der einschlägigen Steuerbegünstigungen für Abfindungen. Sämtliche Entschädigungsleistungen seien als Ersatz für dasselbe Schadensereignis – nämlich den Verlust des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers – gezahlt worden. Da die Zahlungen auf zwei Veranlagungszeiträume entfielen, liege keine Zusammenballung von Einkünften vor – mit anderen Worten: Die Voraussetzung für eine begünstigte Besteuerung wäre also nicht gegeben. Der Arbeitnehmer begehrte dagegen jeweils die ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlungen unter Anwendung der sog. Fünftelregelung.


Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Meinung des Finanzamts angeschlossen. Er betont, dass das vorzeitige Ausscheiden aus der TG nicht als eigenständiges Schadensereignis zu betrachten ist. Der ursprüngliche Schaden des strukturbedingten Wegfalls des Arbeitsplatzes wird von dem Ausscheiden aus der TG nicht überlagert. Alle vertraglichen Modalitäten wurden durch die "Gesamtvereinbarung" verbindlich geregelt. Daher müsse auch die Startprämie als Bestandteil der Entschädigung betrachtet werden. Zusammen mit der "Zusatzabfindung" bildet sie den abschließenden Schritt zur sozialverträglichen Abwicklung des Arbeitsplatzes. Aus steuerlicher Sicht liegt also eine Gesamtabfindung vor, die in Anbetracht der Auszahlung in mehreren Jahren vollumfänglich nicht der Fünftelregelung unterworfen werden kann.

Praxishinweis

Mit der nachträglich im Bundessteuerblatt erfolgten amtlichen Veröffentlichung erhält das Urteil insofern eine höhere rechtliche Relevanz, als es von den Finanzämtern in vergleichbaren Fällen zwingend anzuwenden ist.


Einmal mehr verdeutlicht die Entscheidung, dass vertragliche Vereinbarungen anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Sicherstellung der ermäßigten Besteuerung der vereinbarten Entschädigungskomponenten einer genauen steuerlichen Analyse bedürfen. Aus dem aktuellen BFH-Fall lässt sich die Erkenntnis ziehen, dass auch ein während der befristeten Beschäftigung von der Transfergesellschaft gezahlter Arbeitslohn, der durch die "Startprämie" abgelöst wurde, steuerschädlich sein kann: Dies gilt unabhängig davon, dass die Zahlungen der Transfergesellschaft nicht auf dem ursprünglichen Arbeitsvertrag mit dem früheren Arbeitgeber, sondern auf einem gesonderten Rechtsverhältnis, nämlich dem Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft, basieren.

Elisabeth Eiffler

Steuerberaterin

E-Mail:
elisabeth.eiffler@falk-co.de


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