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Brauereigaststätten „besser“ als Hotels, Pensionen oder Campingplätze?

Mit seinem „Parkhaus-Urteil“ vom 28.02.2024 – II R 27/21 hat der BFH für ernüchternde Klarheit gesorgt: Nicht nur Parkhäuser, sondern auch „Hotels, Pensionen, Campingplätze und Räume in Gaststätten“ sollen für die Erbschaftsteuer zum begünstigungsschädlichen Verwaltungsvermögen zählen.

Unternehmensnachfolgen sollen erbschaftsteuerlich grundsätzlich begünstigt werden. Rechtfertigungsgrund ist die angestrebte Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen und der unternehmerische Beitrag zur volkswirtschaftlichen Leistung. Doch nicht jegliches „Betriebsvermögen“ soll begünstigt sein. Um Würdiges von Unwürdigem zu trennen, wurde der Begriff des Verwaltungsvermögens geschaffen.


Rechtlicher Rahmen

Wird Unternehmensvermögen unentgeltlich – also durch Schenkung oder von Todes wegen – übertragen, wird bei der Erbschaftsteuer von seinem Wert ein bis zu 100%iger „Verschonungsabschlag“ abgezogen. Im Idealfall kann das so erworbene Vermögen völlig erbschaftsteuerfrei erworben werden. Um ungewünschten Gestaltungen vorzubeugen, hat der Gesetzgeber Vermögenswerte, die seiner Ansicht nach nicht in ein förderungswürdiges, produktives Unternehmensvermögen gehören, zu begünstigungsschädlichem Vermögen deklariert – das „Verwaltungsvermögen“. Hat ein Unternehmen zu viel davon, wird die Verschonung teilweise oder ganz versagt. Die Übertragung löst dann Erbschaftsteuer aus.


Was ist Verwaltungsvermögen?

Zum Verwaltungsvermögen gehören neben Minderheitenbeteiligungen an Kapitalgesellschaften, Wertpapieren und Kunstgegenständen u. a. insbesondere „Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke oder Grundstücksteile“, z. B. eine vermietete Wohnung. Dass die potenzielle Schädlichkeit des Grundbesitzes an die „Nutzungsüberlassung an Dritte“ knüpft, würde indes zu weit führen, denn „Dritter“ ist jeder, der nicht mit dem Überlassenden (i. d. R. Grundstückseigentümer) identisch ist. Das hätte zur Folge, dass auch Grundstücksüberlassungen im Konzern oder in Betriebsaufspaltungsfällen „schädlich“ wären. Für solche und andere aus Gesetzgebersicht „doch begünstigungswürdige“ Fälle wurden einzelne Bereichsausnahmen ins Gesetz aufgenommen. Erwähnenswert erscheinen hierbei auch insb. Brauereigaststätten, die „vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten [Bier] zu dienen“ oder gar Wohnungen, die im Rahmen eines sog. „Wohnungsunternehmens“ vermietet werden.


Der Parkhaus-Fall

Der Urteilsfall wurde bereits Mitte 2021 vom FG Köln zuungunsten des Steuerpflichtigen entschieden. Wie sich der BFH im Revisionsverfahren positionieren würde, wurde gespannt erwartet, da seinem Verdikt eine gewisse Breitenwirkung auch für andere Branchen zukommen könnte.


Vereinfacht dargestellt war zu entscheiden, ob ein eigenes Parkhausgrundstück, das von einem gewerblichen Parkhausbetrieb bewirtschaftet wird, aufgrund der „Nutzungsüberlassung an Dritte“ Verwaltungsvermögen darstellt oder – wie der Kläger (Erbe) meinte – begünstigungswürdiges Unternehmensvermögen. Dass die Parkflächen – und damit Teile des Parkhausgrundstücks – unstreitig temporär an parkende Kunden überlassen werden, steht außer Frage. Diese (kurzfristige) Nutzungsüberlassung, die darüber hinaus regelmäßig von weiteren Leistungen (wie ggf. Bewachung und Reinigung) begleitet wird, wird ertragsteuerlich als „originär gewerblich“ qualifiziert. Insofern ist die Frage berechtigt, ob die „Nutzungsüberlassung an Dritte“ die Einordnung als schädliches Verwaltungsvermögen rechtfertigt, denn eine ertragsteuerliche Vermögensverwaltung liegt gerade nicht vor.


Bei seinem Urteil orientierte sich der BFH streng am Gesetzeswortlaut: Weder die Kurzfristigkeit der Nutzungsüberlassung noch die Tatsache, dass die Nutzungsüberlassung zusammen mit weiteren Leistungen erfolge, ändere etwas daran, dass der Verwaltungsvermögensbegriff tatbestandlich erfüllt ist.


Verfassungswidrigkeit?

Weiterhin brachte der Kläger vor, dass – insbesondere unter Verweis auf die Ausnahmevorschrift für Brauereigaststätten – eine solch enge Auslegung dem allgemeinen Gleichheitssatz widerspreche und somit verfassungswidrig sei. Dem entgegnete der BFH, die Bereichsausnahmen für Brauereigaststätten und für Wohnungsunternehmen seien vom weitreichenden Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt. Denn bei Wohnungsunternehmen rechtfertige der Erhalt bezahlbaren Wohnraums als besonderer Gemeinwohlgrund die Rückausnahme. Bei den Brauereigaststätten sei es ein „legitimes Anliegen [des Gesetzgebers], aus seiner Sicht förderungswürdige Betriebe in die erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung mit aufzunehmen.“ Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sei daher nicht erforderlich.


Konsequenzen

Sowohl der Kläger als auch betroffene Rechtsanwender dürften etwas verständnislos zurückbleiben und sich fragen, ob die in den Bereichsausnahmen erfassten Betriebe bzw. deren Grundstücke (Wohnungsunternehmen, Brauereigaststätten sowie zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassener Grundbesitz) „begünstigungswürdiger“ sind als das streitgegenständliche Grundstück eines Parkhausbetriebs. Hinzu kommt, dass der BFH – ohne, dass es für das Urteil entscheidungserheblich gewesen wäre – zusätzlich explizit ausgeführt hat, dass der Gesetzgeber auch im Rahmen von Beherbergungsbetrieben (Hotels, Pensionen, Campingplätze, Räume in Gaststätten) überlassene Grundstücke und Grundstücksteile als Verwaltungsvermögen einordne. Es drängt sich der Verdacht auf, dass der gesetzliche Ausnahmekatalog teils das Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit ist und im Übrigen ein lückenhafter Versuch, „ganz normale“ unternehmerische Grundstücksüberlassungen aus dem (zu) weit gefassten Verwaltungsvermögensbegriff wieder auszunehmen. Eine Überarbeitung erscheint überfällig.

Praxishinweis

Die Aussage zur Verwaltungsvermögenseigenschaft von Grundstücken bei Beherbergungsbetrieben hat der BFH nicht grundlos getätigt: Denn die Finanzverwaltung vertritt seit Jahren die (gegenteilige) Auffassung, dass die Überlassung der Grundstücksteile dann nicht zu Verwaltungsvermögen führt, wenn daneben „weitere gewerbliche Leistungen einheitlich angeboten und in Anspruch genommen werden“, wenn die Tätigkeit demzufolge nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten als originär gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist (z. B. bei Beherbergungsbetrieben). Insofern stellt sich die Frage, ob die Finanzverwaltung das BFH-Urteil veröffentlichen und über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwenden wird. Für betroffene Betriebsinhaber, bei denen eine unentgeltliche Übertragung ansteht, stellt sich zudem die Frage, wie mit der Situation umzugehen ist. In Betracht käme u. U., eine Schenkung an einem Tag vorzunehmen, an dem Betriebsruhe herrscht. Denn grundsätzlich ist auf die Verhältnisse am Übertragungsstichtag abzustellen. Mangels Überlassung an Dritte könnte somit die Einordnung als Verwaltungsvermögen entfallen.

Tobias Steigenberger

Steuerberater Partner

E-Mail:
tobias.steigenberger@falk-co.de


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