Bundesverfassungsgericht: Solidaritätszuschlag bleibt – zumindest bis auf Weiteres
Solidaritätszuschlag derzeit nicht verfassungswidrig
Am 26.03.2025 hat das Bundesverfassungsgericht seine bereits seit Längerem avisierte Entscheidung zum Solidaritätszuschlag verkündet. Die von mehreren FDP-Politikern als Beschwerdeführer erhobene Verfassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen. Der Solidaritätszuschlag darf somit in der bestehenden Form auch weiterhin erhoben werden.
Seit 30 Jahren Solidaritätszuschlag
Der Bund erhebt seit 1995 ununterbrochen einen Solidaritätszuschlag als sog. Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer (seit geraumer Zeit in Höhe von 5,5 %). Seit 2021 wurde der Kreis der betroffenen Personen durch eine signifikante Erhöhung der Freigrenze auf ca. 10 % der Steuerpflichtigen reduziert. Das Steuervolumen beläuft sich aber weiterhin auf einen zweistelligen Milliardenbetrag (derzeit ca. 13 Mrd. EUR).
Verfassungsbeschwerde aus 2020
Die Beschwerdeführer argumentierten, dass mit Auslaufen des sog. Solidarpakts II Ende 2019 die Weitererhebung der Abgabe verfassungswidrig geworden sei – die ursprüngliche Begründung, nämlich die Finanzierung der Kosten der Wiedervereinigung, trage nicht mehr. Weiterhin wurde die – seit der Begrenzung der Anzahl der betroffenen Steuerbürger auf einen „elitären“ Kreis – entstandene Ungleichbehandlung aufgegriffen und gerügt.
Entscheidung des BVerfG vom 26.03.2025 – 2 BvR 1505/20
Die Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass auch heute noch der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes bestehen würde – und somit weiterhin die wesentliche Voraussetzung für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe gegeben ist, nämlich ein aufgabenbezogener finanzieller Mehrbedarf des Bundes. Ein offensichtlicher Wegfall des aus dem Beitritt der seinerzeit neuen Länder resultierenden Mehrbedarfs könne auch heute (noch) nicht festgestellt werden (!). Folglich besteht derzeit auch keine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Solidaritätszuschlag ab dem Jahr 2020 (also nach dem Auslaufen des Solidarpakts II) aufzuheben.
Im Übrigen resultiert aus der Begrenzung des Kreises der betroffenen Steuerzahler nach Ansicht des BVerfG kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Unter dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei diese Differenzierung hinzunehmen.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt allerdings, dass der Solidaritätszuschlag doch kein ewiges Leben haben wird. Den Bundesgesetzgeber trifft nach Ansicht der Verfassungsrichter bei einer länger andauernden Erhebung eine „Beobachtungsobliegenheit“, ob infolge eines „evidenten Wegfalls des Mehrbedarfs“ der Solidaritätszuschlag nicht aufzuheben sei.
Praxishinweis
Das BVerfG ist dieses Mal – abweichend zur Entscheidung im Herbst 2024, als die Umwidmung von zweckgebundenen Budgets verworfen wurde – gnädig mit dem Bundesgesetzgeber umgegangen. Hierbei überrascht allerdings durchaus, dass das BVerfG nach 35 Jahren deutscher Einheit immer noch einen signifikanten, aus der Wiedervereinigung resultierenden finanziellen Mehrbedarf identifizieren konnte. Unabhängig davon, wie die Verfassungsrichter diesen Mehrbedarf quantifiziert haben, überrascht zunächst auch, dass eine signifikante Verwendung des Soli-Aufkommens für andere Aufgaben offensichtlich unproblematisch ist und eine vollumfängliche Erhebung der Ergänzungsabgabe weiterhin rechtfertigt. Lassen wir uns überraschen, wann der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Beobachtungsobliegenheit zu einer Neubewertung kommt.
Der guten Ordnung halber sei abschließend erwähnt, dass die Festsetzung des Solidaritätszuschlags durch die Finanzbehörden bisher auf Grundlage von § 165 AO vorläufig erfolgte. Die in den Bescheiden enthaltenen Vorläufigkeitsvermerke werden in Anbetracht der Entscheidung des BVerfG somit hinfällig.
