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Doppelte Haushaltsführung – eigener Haushalt auch im Elternhaus

Einmal mehr muss der BFH die Verwaltung ausbremsen

Wer aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung am Arbeitsort benötigt, kann die Kosten dafür unter bestimmten Umständen steuerlich geltend machen. Dafür muss unter anderem nachgewiesen werden, dass am eigentlichen Lebensmittelpunkt ein „eigener Hausstand“ geführt wird. In einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29.04.2025 - VI R 12/23 wird weiter präzisiert, was hierunter zu verstehen ist.


Doppelte Haushaltsführung – was ist das eigentlich?

Beruflich veranlasste Aufwendungen sind steuerlich als Werbungskosten abziehbar. Hierzu gehören auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte, am Lebensmittelpunkt, einen eigenen Hausstand unterhält und zudem auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte über eine Wohnung verfügt. Das Vorliegen eines eigenen Hausstands setzt wiederum das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Darüber hinaus muss es sich tatsächlich um einen eigenen Hausstand des Arbeitnehmers handeln, d. h. dieser muss die Haushaltsführung zumindest mitbestimmen.


Insbesondere bei jungen Arbeitnehmern, die im selben Haus mit ihren Eltern wohnen, ist oft streitig, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um einen eigenen Hausstand zu begründen bzw. ab wann eine Eingliederung in den elterlichen Haushalt nicht mehr angenommen wird. Jüngst beschäftigte den BFH in diesem Kontext der nachfolgende Fall.


Um was ging es in dem aktuellen Verfahren?

Ein Doktorand (zu Beginn des mehrjährigen strittigen Zeitraums 28 Jahre alt) hatte seinen Lebensmittelpunkt unzweifelhaft im Elternhaus, wobei er die Räume im Obergeschoss bewohnte, die seine Eltern ihm unentgeltlich überließen. Am (auswärtigen) Hochschulstandort war der Doktorand nach vorhergehenden Tätigkeiten als Werkstudent bzw. studentische Hilfskraft zuletzt als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und wohnte in einer kleinen Zweitwohnung. Die Kosten dieser Zweitwohnung sollten mittels des Vehikels doppelte Haushaltsführung steuermindernd als Werbungskosten geltend gemacht werden. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug jedoch mit der Begründung, der Mann habe am Lebensmittelpunkt keinen eigenen Hausstand, sondern sei in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert. Auch die Klage war zunächst nicht erfolgreich, denn das zuständige Finanzgericht München schloss sich dieser Auffassung an.


Und dann kam der BFH

Der BFH kam dem Kläger zur Hilfe und stellte erfreulicherweise klar: Auch in unentgeltlich überlassenen Räumen im Elternhaus kann ein eigener Hausstand geführt werden. Entscheidend sei nicht, ob Miete gezahlt würde und ob die Wohnung baulich völlig getrennt sei. Wichtig sei, dass die Räume hinsichtlich der Ausstattung, Größe und Nutzbarkeit ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften ermöglichen.


Zudem betonte der BFH, dass bei der Beurteilung stets die persönlichen Lebensumstände des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen seien. Dazu gehöre bspw., ob dieser seine Lebensführung selbstständig organisiere und allein für sich wirtschafte. Im vorliegenden Fall seien Indizien dafür das Alter des Arbeitnehmers sowie die Tatsache, dass dieser nach erfolgreicher Berufsausbildung und anschließendem Studium an der Hochschule beruflich tätig war und als Werkstudent/studentische Hilfskraft und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter in sämtlichen Streitjahren ein eigenes (wenn auch geringes) Gehalt bezog.


Auch die ebenfalls strittige Voraussetzung der finanziellen Beteiligung sah der BFH im vorliegenden Fall als erfüllt an. Bei einem Ein-Personen-Haushalt kann diesem Kriterium keine eigenständige Bedeutung zukommen – so die klare Aussage des BFH: Alleinlebende Personen tragen naturgemäß sämtliche Lebenshaltungskosten selbst. Woher die dazu erforderlichen finanziellen Mittel stammen, sei unerheblich. Nur wenn der betroffene Arbeitnehmer am Lebensmittelpunkt einem Mehrpersonenhaushalt angehört, kommt denklogisch eine ‚Beteiligung‘ des Einzelnen an den Kosten des Haushalts überhaupt in Betracht. 

Praxishinweis

Die Kosten einer doppelten Haushaltsführung sollten auch dann im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn aufgrund geringer Einnahmen (bspw. als Werkstudent bzw. studentische Hilfskraft) steuerliche Verluste entstehen. Sobald die Erstausbildung beendet ist, sind (auch) die für eine zweite Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) anfallenden Aufwendungen beruflich veranlasst und qualifizieren somit als (vorab entstandene) Werbungskosten. Die hieraus resultierenden negativen Einkünfte können ggf. in zukünftige Jahre mit höheren Einkünften vorgetragen und verrechnet werden.

Sofia Winter

Assistentin der Steuerberatung

E-Mail:
sofia.winter@falk-co.de


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