Einmal nachweisen, fünfmal profitieren!
Erfreuliches Urteil des Bundesfinanzhofs zur Option zum Teileinkünfteverfahren
Besteuerung privater Dividenden mit Option zum Teileinkünfteverfahren
Private Kapitaleinkünfte unterliegen seit 2009 dem abgeltenden Steuerabzug von 25 % (zzgl. SolZ und ggf. KiSt), ohne dass die tatsächlichen Werbungskosten abgezogen werden können. Dies gilt somit auch für Dividenden aus privat gehaltenen Beteiligungen von mehr als 1 %. Bei größeren Beteiligungen kann die abgeltende Besteuerung indes zu einer übermäßigen Belastung führen, da beispielsweise Refinanzierungskosten nicht abgezogen werden können.
Deshalb hatte der Gesetzgeber eine Optionsmöglichkeit zum Teileinkünfteverfahren (60 % Steuerpflicht) mit Werbungskostenabzug zu 60 % in § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG geschaffen. Für den entschiedenen Sachverhalt war die Rechtslage in den Jahren 2013 bis 2015 entscheidend. Demgemäß war eine Option möglich, wenn der Steuerpflichtige im Antragsjahr entweder zu mindestens 25 % beteiligt war oder – wie im Sachverhalt – zu mindestens 1 % und zugleich für die Kapitalgesellschaft beruflich tätig war. Der Antrag war spätestens mit der Einreichung der entsprechenden Einkommensteuererklärung zu stellen und galt – bis auf Widerruf durch den Steuerpflichtigen – für das Antragsjahr und die folgenden vier Jahre, ohne dass in diesen Folgejahren die Voraussetzungen erneut nachzuweisen waren.
Urteil des Bundesfinanzhofs
Im Sachverhalt beantragte der Steuerpflichtige (Kläger) für das Jahr 2013 fristgerecht die Option. Er war zu 12,5 % beteiligt und noch bis März 2013 als Arbeitnehmer (nicht als Geschäftsführer) angestellt. In den streitbefangenen Jahren 2014 und 2015 war er allerdings nicht mehr bei der Kapitalgesellschaft beschäftigt. Die von ihm geltend gemachten Werbungskosten (Fahrtkosten, Arbeitszimmer) hatte das Finanzamt deshalb nur im Antragsjahr 2013, jedoch nicht mehr in den Jahren 2014 und 2015 akzeptiert, da die Voraussetzungen zur beruflichen Tätigkeit nicht mehr vorlagen. Der Kläger machte hiergegen geltend, dass das Gesetz das Vorliegen der Voraussetzungen nur für das Antragsjahr fordere, für die vier Folgejahre jedoch ohne weitere Nachweise fingiere. Der Wegfall der beruflichen Tätigkeit sei somit irrelevant.
Der Bundesfinanzhof (BFH) ist der Argumentation des Klägers gefolgt. Laut BFH ist der Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auslegungsbedürftig, weil einerseits die Antragsvoraussetzungen nur für das Antragsjahr aktiv nachzuweisen seien, aber auch für alle Folgejahre gelten könnten, andererseits eine Fiktion für die vier Folgejahre im Gesetz enthalten zu sein, scheint („gilt […] auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume“). Nach einer Analyse des Wortlauts, des gesetzgeberischen Willens und der Regelungssystematik hat sich der BFH für die Lesart einer gesetzlichen Fiktion für die vier Folgejahre entschieden: Die Voraussetzungen sind (auch) für die Folgejahre als gegeben anzunehmen, sofern diese im Erstjahr vorlagen und nachgewiesen wurden. Der BFH begründete dies mit der damaligen Gesetzesbegründung, welche die Regelung als Fiktion bezeichnete, was sich auch mit dem Wortlaut vereinbaren ließe. Zudem hat der Gesetzgeber keine Anzeigepflicht für die Verletzung der Voraussetzungen in den vier Folgejahren normiert und so deutlich gemacht, dass es nur auf die Verhältnisse im Antragsjahr ankomme. Somit war die fehlende Tätigkeit des Steuerpflichtigen in den Jahren 2014 und 2015 unschädlich für die Ausübung der Option, und der Kläger war zum Werbungskostenabzug berechtigt.
Praxishinweis
Dieses Urteil ist für Steuerpflichtige erfreulich, da die Antragsvoraussetzungen ausschließlich im Antragsjahr vorliegen müssen und nachzuweisen sind. Die Finanzverwaltung hat das Urteil akzeptiert und für allgemein anwendbar erklärt. Somit ist das Festhalten an einer Beschäftigung in der Kapitalgesellschaft aus rein steuerlichen Gründen für die vier Folgejahre nicht (mehr) notwendig. Auch das Unterschreiten der relevanten Beteiligungsschwelle in den vier Folgejahren ist insoweit nicht schädlich.
Dennoch muss betont werden, dass der Steuerpflichtige zur Nutzung der Option einen Antrag innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist stellen muss – nach Ablauf der fünf Jahre ggf. erneut. Außerdem hat der Gesetzgeber in Reaktion auf ein früheres BFH-Urteil die Anforderungen an die berufliche Tätigkeit verschärft. War im entschiedenen Rechtsstreit noch jegliche berufliche Tätigkeit ausreichend, muss die berufliche Tätigkeit seit 2017 einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss gewähren, beispielsweise über die Position als Geschäftsführer.