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Erhaltungsaufwand oder nachträgliche Herstellungskosten?

Mit der Neufassung der IDW Stellungnahme RS IFA 1 n. F. gehen wesentliche Neuerungen bei der Abgrenzung von ergebniswirksam zu erfassendem Erhaltungsaufwand und aktivierungspflichtigen Herstellungskosten bei Gebäuden einher.

Ende 2024 hat das IDW die überarbeitete Stellungnahme zur Rechnungslegung: Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz (IDW RS IFA 1 n. F.) veröffentlicht. Die Stellungnahme gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerbeimmobilien. Sie ist erstmals auf Abschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2025 beginnen; eine vorzeitige vollständige Anwendung ist zulässig. 


Wesentliche Neuerungen 

Die wesentlichen Neuerungen betreffen: 

  • die Ausführungen zur Erweiterung eines Gebäudes durch bauliche Maßnahmen, 
  • die Erweiterung bzw. Präzisierung der zentralen Bereiche der Ausstattung, deren Standardanhebung zu einer wesentlichen Verbesserung der Gebäudequalität führen kann, und 
  • die Berücksichtigung der wesentlichen Verbesserung der Gebäudequalität aufgrund einer deutlichen Minderung des Endenergiebedarfs oder -verbrauchs („energetische Sanierung“). 

 

Erweiterung eines Gebäudes durch bauliche Maßnahmen 

Grundsätzlich ist die Erweiterung eines Gebäudes dann gegeben, wenn z. B. durch Aufstockung, Anbau oder andere Maßnahmen die nutzbare Fläche vergrößert wird oder neue Bestandteile mit bisher nicht vorhandenen Funktionen eingebaut werden. Selbstständig verwertbare Anlagen sind in der Regel unabhängig vom Gebäude als eigenständige Vermögensgegenstände zu behandeln. IDW RS IFA 1 n. F. nennt explizit das Beispiel einer Aufdach-Photovoltaikanlage und verweist darauf, dass diese unter den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen ist. Wenn die Pflicht zum Einbau einer Anlage besteht oder der mit der Anlage erzeugte Strom nahezu ausschließlich in dem betreffenden Gebäude verbraucht wird, ist hierbei regelmäßig von einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude auszugehen. 


Wesentliche Verbesserung der Gebäudequalität 

Eine aktivierungspflichtige wesentliche Verbesserung ist gegeben, wenn die Nutzungsdauer eines Gebäudes sich deutlich verlängert oder die Gebäudequalität über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinaus deutlich verbessert wird. Bei der Nutzungsdauer ist dabei nicht nur die technische, sondern auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer zu beachten; eine Verlängerung der technischen Nutzungsdauer wird nur dann eintreten, wenn die Bausubstanz dies auch gewährleistet. Eine wesentliche Verbesserung kann auch in einer qualitativen Verbesserung des Gebäudes bestehen, sie wird in diesem Fall regelmäßig durch einen Anstieg der erzielbaren Miete – unabhängig von der tatsächlich erzielten Miete – zum Ausdruck kommen. Es kommt hierbei auf die Anhebung des Standards in mindestens drei der zentralen Ausstattungsbereiche an. Zu den Ausstattungsbereichen gehören:  

  • Maßnahmen zur Wärme- und Energieerzeugung, -versorgung und -speicherung,  
  • Sanitärausstattung,  
  • Elektroinstallation/Informationstechnik (einschließlich Gebäudeautomation),  
  • Fenster, 
  • Wärmedämmung.  


Gleichwertig zur Anhebung des Standards in mindestens 3 der zentralen Bereiche der Ausstattung können nach IDW RS IFA 1 n. F. auch Maßnahmen sein, die zu einer deutlichen Minderung des Energiebedarfs oder -verbrauchs führen. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn der Energiebedarf oder -verbrauch um mindestens 30 % gegenüber dem ursprünglichen Zustand gesenkt wird. In diesem Fall ist von einer wesentlichen Verbesserung der Gebäudequalität und damit von der Aktivierungsfähigkeit der Maßnahme auszugehen. 

Praxishinweis

Führt die Aktivierung von Herstellungskosten zu einem Buchwert, der über dem beizulegenden Wert liegt, sind außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen. Die Frage der Abschreibung ist insbesondere zu prüfen, wenn die durchgeführten Maßnahmen nicht zu einer Erhöhung der zu erzielenden Mieteinnahmen führen.  

Zusammenhängende Baumaßnahmen 

Bauliche Maßnahmen sind grundsätzlich getrennt zu beurteilen, es sei denn, sie stehen in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang und bilden eine einheitliche Baumaßnahme. Ein enger sachlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die einzelnen Baumaßnahmen sich bautechnisch bedingen. Dies kann auch bei einer Baumaßnahme, die sich planmäßig über mehrere Geschäftsjahre erstreckt, der Fall sein. 


Abweichung zur Steuerbilanz 

Die neue IDW Stellungnahme stellt im Ergebnis eine Fortentwicklung der bisherigen Auslegung des Herstellungskostenbegriffs als Teil der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dar. Aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips hat die Fortentwicklung des Herstellungskostenbegriffs grundsätzlich auch Bedeutung für die steuerliche Gewinnermittlung.  

Allerdings stellt der BFH für die Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten – zumindest bisher – bei Wohngebäuden ausschließlich darauf ab, dass bzw. ob durch die baulichen Maßnahmen in mindestens drei von vier Kernbereichen der Ausstattung (Heizung, Sanitär, Elektrik, Fenster) eine Hebung des qualitativen Standards des Gebäudes stattfindet. Es ist derzeit davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung weiterhin an den vom BFH aufgestellten Grundsätzen für die Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Wohngebäuden festhält – wobei es allerdings naheliegend scheint, dass Verbesserungen aufgrund energetischer Sanierungen zukünftig auch aufgegriffen und entweder den genannten Kernbereichen zugeordnet oder als ein weiterer relevanter Kernbereich qualifiziert werden. 

Praxishinweis

Das IDW weist darauf hin, dass Steuerpflichtige, die infolge einer umfassenden energetischen Sanierungsmaßnahme aufgrund des IDW RS IFA 1 n. F. (Kriterium der Energieeinsparungen von min. 30 %) nachträgliche Herstellungskosten in der Handelsbilanz aktivieren und dieses Vorgehen – aufgrund des Fehlens einer eigenen steuerrechtlichen Regelung und des daher einschlägigen Maßgeblichkeitsprinzips – für steuerbilanzielle Zwecke übernehmen, die Vorgehensweise im Rahmen der Steuererklärung offenlegen sollten.  

Cornelia Linde

Wirtschaftsprüferin Steuerberaterin

E-Mail:
cornelia.linde@falk-co.de


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