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Ertragsteuerliche Organschaft bei geschäftsleitender Holding

BFH konkretisiert Anforderungen an geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft als Organträgerin

Mit Urteil vom 27.11.2024 - I R 23/21 hat der Bundesfinanzhof entschieden: Geschäftsleitende Personengesellschaften üben auch ohne zusätzliche (entgeltliche) konzerninterne Dienstleistungen die für die Anerkennung als Organträgerin erforderliche „gewerbliche Tätigkeit“ aus.


Ausgangssituation

Die Klägerin war eine zu einer Unternehmensgruppe gehörende GmbH, deren Gesellschafterin und körperschaftsteuerliche Organträgerin im Streitjahr 2008 eine Kommanditgesellschaft (KG) war. Neben der GmbH war die KG an weiteren Tochtergesellschaften beteiligt. Die KG verfügte weder über eigenes Personal, noch erbrachte sie entgeltliche konzerninterne Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften. Insoweit beschränkte sich die KG auf die Funktion als geschäftsleitende Holding, deren Tätigkeit allein in der Ausübung der einheitlichen Leitung für die Unternehmensgruppe bestand.

Diese Funktion der Obergesellschaft genügte dem Finanzamt jedoch nicht zur Annahme der im Körperschaftsteuergesetz geforderten (originären) „gewerblichen Tätigkeit“, sodass es die KG nicht als Organträgerin anerkannte. Zum Hintergrund: Im Gegensatz zu einer Kapitalgesellschaft, die per se einen Gewerbebetrieb unterhält und gewerbliche Einkünfte erzielt, ist bei einer Personengesellschaft mit gewerblichen Einkünften weiter danach zu differenzieren, ob es sich um eine sog. gewerblich geprägte Gesellschaft mit (lediglich) vermögensverwaltenden Aktivitäten oder eine originär gewerblich tätige Gesellschaft handelt.

Erfreulicherweise ist der BFH in seiner kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom 27.11.2024 nicht der engen Sichtweise der Finanzverwaltung gefolgt, wonach eine reine Leitungstätigkeit nicht als originär gewerblich gewertet werden kann. Im Einzelnen nahm der BFH folgende Differenzierungen vor:


(Reine) Vermögensverwaltung reicht dem BFH (weiterhin) nicht aus

Einerseits hält der BFH daran fest, dass eine Personengesellschaft dann nicht Organträgerin sein kann, wenn sie zwar die gesetzlichen Anforderungen der gewerblichen Prägung erfüllt, jedoch ihre Funktion nicht über das reine Halten und Verwalten von Beteiligungen durch die Ausübung von Gesellschafterrechten hinausgeht. In diesem Fall ist die Personengesellschaft lediglich „vermögensverwaltend“ und nicht „gewerblich“ tätig, obwohl sie aufgrund ihrer gewerblichen Prägung gewerbliche Einkünfte erzielt. Dieses Szenario reicht dem BFH weiterin nicht für die Anerkennung als Organträgerin aus.


Das Erfordernis konzerninterner Dienstleistungen geht dem BFH zu weit

Auf der anderen Seite ist dem BFH die bisherige Sichtweise der Finanzverwaltung zu (str)eng. Für den BFH ist es insoweit nicht erforderlich, dass die Personengesellschaft – neben der Leitungsfunktion – zusätzlich auch entgeltliche Dienstleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften erbringen muss. Dieses Erfordernis geht dem BFH zu weit.


Einheitliche Leitung als Maßstab für den BFH

Insoweit ist nach Auffassung des BFH die Ausübung einer (nach außen erkennbaren) einheitlichen Leitung maßgeblich für die Annahme der erforderlichen gewerblichen Tätigkeit der Personengesellschaft. Das ist bspw. dann der Fall, wenn die Personengesellschaft planmäßig Unternehmenspolitik betreibt oder auf andere Weise einen entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Tochtergesellschaften ausübt. Dieses Kriterium kann etwa durch die Vorgabe von Richtlinien zur Geschäftspolitik oder durch die Erteilung schriftlicher Weisungen durch die Personengesellschaft erfüllt werden. 

Praxishinweis

Das Urteil des BFH ist zu begrüßen und setzt die Anforderungen für neu aufzusetzende Holdingstrukturen mit einer Personengesellschaft als Obergesellschaft herab. Bei etablierten Strukturen hilft das BFH-Urteil vorrangig in der Abwehrberatung gegenüber der Finanzverwaltung, falls bei der Strukturierung nicht ohnehin auf eine hinreichende gewerbliche Tätigkeit der Holding-Personengesellschaft geachtet wurde.

Robert J. Wiemeyer

Steuerberater

E-Mail:
robert.wiemeyer@falk-co.de


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