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Fondsanleger aufgepasst – Revival der Vorabpauschale

Eine kleine Nachhilfe, falls die Erinnerung etwas verblasst ist

Die sog. Vorabpauschale wurde letztmals zum Jahresbeginn 2021 berechnet. Zum Jahresanfang 2024 „feiert sie ihre Wiedergeburt“ und führt bei Fondsanlegern unter bestimmten Umständen zu einer Belastung mit Abgeltungssteuer. Aber was hat es mit der Vorabpauschale eigentlich auf sich? Hier eine kleine Auffrischung.


Was ist die Idee? 

Im Grundsatz erzielt ein (privater) Fondsanleger nur dann steuerpflichtige Kapitalerträge, wenn der Fonds Ausschüttungen tätigt oder die Fondsanteile mit Gewinn verkauft werden, mit anderen Worten, wenn entsprechende Einnahmen zufließen. Bei thesaurierenden Fonds hätte insbesondere ein langfristig orientierter Anleger also die Möglichkeit, während der Haltedauer Wertsteigerungen zu erzielen, die in Anbetracht der nur geringen Besteuerung auf Fondsebene kaum steuerlich belastet sind. Dies missfiel dem Gesetzgeber – und die Vorabpauschale ward geboren. 

 

Und was ist die Vorabpauschale? 

Es handelt sich um einen fiktiven Ertrag des Fondsanlegers, der jeweils zum Jahresbeginn für das Vorjahr ermittelt und der Abgeltungssteuer unterworfen wird. Mit anderen Worten: Der in diesen Tagen vorgenommene Steuereinbehalt beim Fondsanleger betrifft das Vorjahr 2023. 


Berechnet wird die Vorabpauschale anhand eines sog. Basiszinses, den die Finanzverwaltung frühzeitig veröffentlicht (nämlich zu Beginn des betroffenen Anlagejahres). Für 2023 beläuft sich dieser Basiszins bspw. auf 2,55 %, für 2024 auf 2,29 % (gem. Mitteilung des BMF vom 05.01.2024). 

Der fiktive Fondsertrag für 2023 wird konkret aus dem (Rücknahme-)Preis des jeweiligen Fonds zum Jahresbeginn unter Anwendung des festgelegten Basiszinses bestimmt, wobei aus Kulanz ein „Discount“ von 30 % gewährt wird. Die Vorabpauschale kommt allerdings nicht nur für thesaurierende, sondern auch für ausschüttende Fonds zur Anwendung. Um eine nicht sachgerechte Doppelbelastung zu vermeiden, werden die im Wirtschaftsjahr geleisteten – und bereits gesondert versteuerten – Ausschüttungen zum Abzug gebracht. 


Ein kleines Beispiel 

Unser Musteranleger hielt bereits zu Beginn des Jahres 2023 Fondsanteile in seinem Depot, die zu diesem Zeitpunkt (rein zufällig) einen (Rücknahme-)Preis von 100 EUR je Anteil hatten. Unter Anwendung des Basiszinses für 2023 von 2,55 % und nach Abzug des 30%-Discounts errechnet sich eine Vorabpauschale von 1,79 EUR je Anteil. Sofern es sich um einen ausschüttenden Fonds handelt, würde die im Jahr 2023 geleistete Ausschüttung in Abzug gebracht. In unserem Beispielsfall soll im Juni 2023 1,00 EUR je Anteil (alternativ 2,00 EUR) ausgeschüttet worden sein, so dass sich die Vorabpauschale auf 0,79 EUR je Anteil (bzw. alternativ auf 0,00 EUR) reduziert. 


Die Steuerbelastung des Anlegers resultiert nun daraus, dass auf die ermittelte Vorabpauschale die Abgeltungssteuer von 25 % (zuzüglich 5,5 % SolZ sowie ggf. Kirchensteuer) errechnet wird. In unserem Beispiel würde sich die Abgeltungssteuer für den Anleger mit dem thesaurierenden Fonds also auf 0,47 EUR je Anteil (inkl. SolZ) belaufen (ggf. noch erhöht um Kirchensteuer). Der ermittelte Steuerbetrag wird dem Anleger durch die depotführende Bank auf dem Kontokorrent belastet. 

Mit anderen Worten: Ein entsprechender Geldzufluss des Fonds ist nicht vorgesehen. Der Anleger muss die Steuer also selbst tragen und sollte deshalb auf dem für die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte benannten Kontokorrent ausreichend Liquidität vorhalten – es sei denn, bei der Bank wurde ein Freistellungsauftrag hinterlegt und der maximale Freistellungsbetrag wird nicht überschritten. 


Und was passiert beim Verkauf? 

Wie eingangs erwähnt, unterliegen Veräußerungsgewinne ebenfalls der (Abgeltungs-)Steuerpflicht. Ähnlich wie bei Ausschüttungen droht somit auch beim Verkauf – in Anbetracht der während der Haltedauer geleisteten Steuerzahlungen aus den Vorabpauschalen – eine nicht sachgerechte Doppelbesteuerung der realisierten Wertsteigerungen. Um dies zu vermeiden, werden die gezahlten Vorabpauschalen vom Veräußerungsgewinn in Abzug gebracht. 

Praxishinweise

Je nach Fondstyp (Aktienfonds, Mischfonds, Immobilienfonds) kommt eine sog. Teilfreistellung zur Anwendung, d. h., sowohl Ausschüttungen als auch Verkaufsgewinne unterliegen nur anteilig der Steuerpflicht. Bei einem Aktienfonds beispielsweise – d. h., der Aktienanteil beläuft sich nach den Anlagerichtlinien des Fonds auf mehr als 50 % – bleiben beim Privatanleger 30 % der steuerpflichtigen Erträge steuerfrei. Diese Teilfreistellung greift auch für die Vorabpauschalen. 

 

Relevant ist die Vorabpauschale auch für betriebliche Anleger. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn die Fondsanteile im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge als Deckungsvermögen gehalten werden. Für diesen Fall muss keine Vorabpauschale angesetzt und somit auch nicht versteuert werden. 

Gerd Fuhrmann

Steuerberater

E-Mail:
gerd.fuhrmann@falk-co.de


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