Hinweisgeberschutzgesetz – Pflichten für Unternehmen seit dem 2. Juli 2023
Nach langen Verhandlungen und einer Verzögerung von über einem Jahr wurden die EU-rechtlichen Vorgaben der sogenannten „Whistleblower-Richtlinie“ nun in Deutschland umgesetzt und das Hinweisgeberschutzgesetz am 2. Juni im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz ist damit seit 2. Juli 2023 zum überwiegenden Teil in Kraft getreten.
Wer muss ab wann ein Hinweisgebersystem einrichten?
Das Hinweisgeberschutzgesetz betrifft private und öffentliche Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten. Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten sind ab dem 17. Dezember 2023 verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Für Unternehmen ab 250 Beschäftigten gilt die Verpflichtung zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems seit dem 2. Juli 2023.
Praxishinweis
Unternehmen mit 250 Mitarbeiter:innen, die noch kein Hinweisgebersystem eingerichtet haben, sollten dies dringend nachholen! Ab dem 1. Dezember 2023 wird die Nicht-Einrichtung einer internen Meldestelle mit einem Bußgeld belegt. Für kleinere Unternehmen mit mehr als 49 Beschäftigten gilt die Bußgeldpflicht ab 17. Dezember 2023.
Welche Pflichten bestehen für Unternehmen?
Die betroffenen Unternehmen sind verpflichtet, eine interne Meldestelle für Hinweise einzurichten. Diese muss allen Beschäftigten und Leiharbeitnehmer:innen offenstehen, so dass sie Meldungen abgeben können; die interne Meldestelle kann darüber hinaus Nicht-Beschäftigten, die mit dem Unternehmen in Kontakt stehen, offenstehen. Neben dieser internen Meldestelle gibt es eine externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz. Hinweisgebende Personen sollen die Meldung an interne Stellen bevorzugen, wenn eine interne Abhilfe möglich ist und sie keine Nachteile befürchten müssen; eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nicht.
Die Funktion der internen Meldestelle kann eine bei dem Unternehmen beschäftigte Person, eine aus mehreren beschäftigten Personen bestehende Arbeitseinheit oder ein Dritter übernehmen. Die Meldekanäle müssen eine Meldung in schriftlicher oder mündlicher Form ermöglichen und so ausgestaltet sein, dass nur berechtigte Personen Zugriff auf die Meldungen haben. Das Gesetz sieht keine Pflicht vor, anonyme Meldungen zu ermöglichen; gleichwohl sollten auch solche Meldungen bearbeitet werden.
Praxishinweis
Interne Meldestelle können neben Mitarbeiter:innen insbesondere auch Rechtsanwälte sein. Bei Bedarf unterstützen wir gerne bei der Kontaktaufnahme, wir selbst übernehmen die Tätigkeit als interne Meldestelle aus berufsrechtlichen Gründen nicht.
Welche Folgen löst eine Meldung aus?
Das Unternehmen hat Hinweisgeber:innen innerhalb von sieben Tagen den Eingang einer Meldung zu bestätigen. Die Meldung ist dann durch die interne Meldestelle zu prüfen und auf ihre Stichhaltigkeit hin zu beurteilen. Anschließend müssen angemessene Folgemaßnahmen, z. B. interne Untersuchung, Verweisung an zuständige Behörden, ergriffen werden. Während dieses Verfahrens sollte Kontakt zu der hinweisgebenden Person gehalten werden, um auch eventuelle Nachfragen klären zu können. Das Gesetz sieht ausdrücklich eine Rückmeldung an die hinweisgebende Person spätestens drei Monate nach Bestätigung des Eingangs der Meldung vor.
Eingehende Meldungen und das weitere Verfahren sollten daher im Interesse des Unternehmens nachvollziehbar dokumentiert werden.
Praxishinweis
Der Hinweisgeberschutz gilt bei Meldungen von Straftaten und bestimmten Ordnungswidrigkeiten sowie anderen Rechtsverstößen, die in § 1 des Hinweisgeberschutzgesetzes aufgeführt werden, wobei gegen die Vorschriften im beruflichen Kontext verstoßen worden sein muss.
Was bedeutet eine Meldung für Hinweisgeber:innen?
Whistleblower, die ab dem 2. Juli eine Meldung machen, genießen, wenn ein hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass die gemeldeten Informationen über Verstöße zum Zeitpunkt der Meldung der
Wahrheit entsprechen, rechtlichen Schutz. Das Gesetz verbietet Repressalien, Diskriminierung, Benachteiligungen oder arbeitsrechtliche Konsequenzen. Der Arbeitgeber muss bei entsprechenden Vorwürfen nachweisen, dass kein Zusammenhang zwischen einer für den Mitarbeiter nachteiligen Maßnahme und dem zuvor erfolgten Hinweis des Arbeitnehmers besteht.
Praxishinweis
Alle Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter:innen über die internen Meldekanäle und den Ablauf informieren. Eine offene Kommunikation kann vermeiden, dass Mitarbeiter:innen sich an die externe Meldestelle wenden, und eine interne Aufarbeitung von Verstößen ist immer besser als die externe Veröffentlichung.