Homeoffice als Betriebsstätte des Arbeitgebers
Beim grenzüberschreitenden Einsatz von Mitarbeitern ist – nicht nur deshalb – Vorsicht geboten
Die Arbeitswelt wird bekanntermaßen immer mobiler – Remote Working oder Arbeiten im Homeoffice sind mittlerweile selbstverständlich. Nicht zuletzt durch den Fachkräftemangel wurde der Trend dahingehend verstärkt, dass Mitarbeiter grenzüberschreitend rekrutiert werden und ihnen die Möglichkeit geboten wird, im Heimatstaat von zu Hause aus zu arbeiten. Aber auch andere moderne Erscheinungen der flexiblen Arbeitswelt – genannt sei hier nur das Stichwort „Workation“ – werfen für die betroffenen Unternehmen verschiedenste Fragestellungen auf. Für den Bereich der Steuern beispielsweise sollte im Vorfeld geklärt werden, welche Implikationen sich für das Unternehmen im jeweiligen ausländischen Staat ergeben.
Der mit grenzüberschreitenden Sachverhalten vertraute Personalsachbearbeiter wird sich sofort fragen, wie es bei dem ausländischen Mitarbeiter eigentlich mit dem Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen aussieht – ist es nicht naheliegend, dass diese Abzugsbeträge dem ausländischen Staat zustehen? Und in welcher Höhe?
In der Tat lässt sich allgemein sagen – vorbehaltlich der spezifischen Regelungen des jeweiligen ausländischen Staates –, dass die meisten Länder einen Abzug der anfallenden Steuer durch den Arbeitgeber kennen (vergleichbar unserer Lohnsteuer); Gleiches gilt für die Beiträge zur lokalen Sozialversicherung. Deutsche Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge werden bei dauerhaft und ausschließlich im Ausland tätigen Mitarbeitern regelmäßig nicht anfallen. Das bedeutet aber auch, dass man im Regelfall die Unterstützung eines lokalen Dienstleisters (bspw. ausländisches Steuerbüro) benötigen wird, der dem deutschen Arbeitgeber die ausländischen Abzugsbeträge berechnet und auch die Anmeldung der Beträge bei den ausländischen Behörden übernimmt.
(Noch) komplizierter gestaltet sich die Abrechnung im Falle der „Workation“, d. h. bei der vorübergehenden Tätigkeit im Ausland im Rahmen eines kombinierten Urlaubs-/Arbeitsaufenthalts für einen Zeitraum von mehreren Wochen/Monaten. Hier lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen treffen, welchem Staat die Abzugsbeträge zustehen – vielmehr erfordert dies eine einzelfallbezogene Prüfung, ggf. unter Einholung von rechtlichem Rat sowohl im Inland als auch im Ausland. Es besteht jedoch die Tendenz, dass bei einem zeitlich befristeten Aufenthalt von nur wenigen Wochen das Recht zu Erhebung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen im Inland verbleiben wird.
Praxishinweis
A1-Bescheinigung nicht vergessen!
Nach unseren Erfahrungen sind viele Unternehmen bislang – nicht zuletzt aufgrund dieser Schwierigkeiten – zurückhaltend, wenn es um die Genehmigung solcher flexiblen (Workation-)Modelle geht.
Und leider lauert neben dem Thema der zutreffenden Gehaltsabrechnung noch eine zweite Klippe, die unmittelbar die Besteuerung des Arbeitgebers betrifft: Wird durch die Beschäftigung des Mitarbeiters im Ausland eine Betriebsstätte begründet, ohne dass das Unternehmen Geschäftsräume vor Ort angemietet hat?
Unter einer Betriebsstätte versteht man eine feste Geschäftseinrichtung des Unternehmens, die Anknüpfungspunkt für eine (Ertrags-)Besteuerung sein kann. Auch die Wohnung eines Mitarbeiters kann sich grundsätzlich als eine solche feste Geschäftseinrichtung des Arbeitgebers qualifizieren. Zusätzlich bedarf es einer gewissen, nicht nur vorübergehenden Verfügungsmacht des Arbeitgebers an den Privaträumen des Mitarbeiters, die sich aus einer Rechtsposition ableitet, die nicht ohne weiteres entzogen werden kann.
Nach internationaler Lesart der OECD wird das Unternehmen nur in Ausnahmefällen eine Verfügungsmacht über die privaten Räumlichkeiten des Mitarbeiters haben. So weit so gut, aber:
Diese Ausnahme (einer Betriebsstättenbegründung) soll insbesondere dann gegeben sein, wenn
- das Homeoffice ständig für die Ausübung der Geschäftstätigkeiten des Unternehmens genutzt wird und
- das Unternehmen von dem Mitarbeiter verlangt, das Homeoffice für die Ausübung seiner Tätigkeit zu nutzen (weil kein anderes Büro zur Verfügung gestellt wird).
Fazit
Wird der im Ausland angestellte Mitarbeiter durchgehend im Homeoffice für den deutschen Arbeitgeber tätig, besteht ein signifikantes Risiko, dass das deutsche Unternehmen in dem jeweiligen Staat eine Betriebsstätte begründet. Folge wäre, dass im ausländischen Staat ertragsteuerliche Pflichten bestehen und ein anteiliger Gewinn dort zu versteuern ist.
Soweit ersichtlich, folgen dieser Sichtweise der OECD zunehmend mehr ausländische Staaten (dem Vernehmen nach beispielsweise Österreich oder Frankreich, um nur einige deutsche Nachbarstaaten zu nennen; wohl aber auch Spanien und Portugal).
Für diesen Fall wird es dem deutschen Unternehmen auch nicht helfen, dass Deutschland nach einer aktuellen Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 05.02.2024) eine engere Sicht verfolgt:
Nach deutscher Lesart soll das Homeoffice selbst dann keine Betriebsstätte begründen, wenn dem Mitarbeiter kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; ebenso wenig soll eine Kostenübernahme schädlich sein.
Da jedoch der ausländische Staat die Regularien für die dortige Besteuerung vorgibt, zieht die deutsche Sicht allenfalls das Worst-Case-Szenario nach sich, dass eine Doppelbesteuerung droht (Besteuerung der Betriebsstätte im Ausland, Besteuerung des Gesamtgewinns im Inland, da die Betriebsstätte im Ausland von Deutschland nicht anerkannt wird)!
Praxishinweis
Vorteilhaft ist die deutsche Sichtweise im umgekehrten Fall (neudeutsch Inbound), wenn ein deutscher Mitarbeiter für ein ausländisches Unternehmen hier im Inland im Homeoffice tätig ist. Nach deutscher Lesart begründet das ausländische Unternehmen allein durch das Homeoffice des Mitarbeiters keine deutsche Betriebsstätte. Aber Achtung: Die Pflicht zur Einbehaltung von Sozialversicherungsbeiträgen und im Regelfall auch zum Abzug von Lohnsteuerbeträgen besteht hiervon unabhängig.