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Kein Arbeitslohn bei der schenkweisen Übertragung von Geschäftsanteilen

Der Bundesfinanzhof erleichtert die Unternehmensnachfolge

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil v. 20.11.2024 – VI R 21/22 entschieden, dass die schenkweise Übertragung von Geschäftsanteilen auf leitende Mitarbeiter zur Sicherung der Unternehmensnachfolge nicht ohne Weiteres zu Arbeitslohn führt.


Sachverhalt

Die Klägerin war langjährig als leitende Mitarbeiterin einer GmbH tätig. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge beschlossen die Gesellschafter der GmbH, Geschäftsanteile unentgeltlich an die Klägerin sowie andere leitende Mitarbeiter zu übertragen. Der Sohn eines Gesellschafters erhielt den Hauptanteil (rd. 74,6 %), während die leitenden Mitarbeiter jeweils kleinere Anteile (rd. 5,1 %) erhielten. Die Übertragungen waren nicht an Bedingungen oder den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft. Im Übertragungsvertrag war lediglich eine Rückfallklausel dahingehend vereinbart, dass die Rückübertragung auf den Schenker verlangt werden konnte, falls das zuständige Finanzamt die (schenkung-)steuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b, 19a ErbStG) nicht gewährt.


Das zuständige Finanzamt sah in der Übertragung einen geldwerten Vorteil, der als Arbeitslohn zu versteuern sei, da die Übertragung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stand. Hieraus resultierte (zunächst einmal) eine signifikante lohn- bzw. einkommensteuerliche Belastung. Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt mit Urteil v. 27.04.2022 – 3 K 161/21 statt. Das Finanzamt legte jedoch Revision ein, sodass der BFH (auch) in diesem Fall das letzte Wort hatte. Dieser wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Das FG habe zur Recht entschieden, dass der in der schenkweisen Übertragung der Geschäftsanteile liegende Vorteil keinen Arbeitslohn der Klägerin darstelle und somit keine Lohn- bzw. Einkommensteuer zulasten der Klägerin erhoben werden dürfe.


Wie begründet der BFH die Entscheidung?

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch geldwerte Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung gewährt werden. Entscheidend ist, ob der Vorteil durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Der BFH stellte klar, dass ein geldwerter Vorteil nicht allein durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen entsteht. Vielmehr muss die Übertragung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung erfolgen, was im zu beurteilenden Sachverhalt nicht gegeben war.


Das entscheidende Motiv war die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Die Übertragung diente dazu, die Leitung des Unternehmens nach dem Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter sicherzustellen. Dies wurde auch im Protokoll der Gesellschafterversammlung dokumentiert. Demzufolge war die Übertragung der Anteile nicht an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft und stellte keine Belohnung für vergangene oder zukünftige Arbeitsleistungen dar.


Die Übertragung erfolgte im Rahmen der Unternehmensnachfolge und wurde durch die schenkung-/erbschaftsteuerlichen Regelungen für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG) begünstigt. Die durch diese steuerlichen Regelungen zum Ausdruck kommende Förderung der Unternehmensnachfolge muss auch gelten, wenn der Nachfolger nicht der Unternehmerfamilie angehört. Gegen die Annahme einer Entlohnung aufgrund der schenkweisen Übertragung spricht nach Ansicht des BFH auch der Umstand, dass der bei der Klägerin vom Finanzamt angenommene Vorteil im Vergleich zu deren Bruttoarbeitslohn deutlich aus dem Rahmen falle. Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, warum die bisherigen Gesellschafter ihre leitenden Angestellten trotz sehr unterschiedlicher Beschäftigungsdauer und unterschiedlicher Gehälter mit nämlichen Beteiligungen einheitlich „entlohnen“ sollten.

Praxishinweis

Die Entscheidung spielt für die Nachfolgeplanung in Unternehmen eine wichtige Rolle, insbesondere wenn keine familieninternen Nachfolger vorhanden sind oder wenn neben den familieninternen Nachfolgern in den Nachfolgeprozess auch solche Mitarbeiter eingebunden werden sollen, denen man vertraut, die den Betrieb kennen und diesem verbunden sind.

In der Vergangenheit scheiterte die Einbeziehung von leitenden Mitarbeitern in die Unternehmensnachfolge regelmäßig an der von den Finanzbehörden „gebetsmühlenartig“ vertretenen Auffassung, dass aus der Übertragung von Geschäftsanteilen regelmäßig steuerpflichtiger Arbeitslohn resultiere – insbesondere bei profitablen Unternehmen häufig das K.-o.-Kriterium.

Der BFH zeigt nun erfreulicherweise in seiner Entscheidung die Leitplanken auf, die es zu beachten gilt, um Liquiditätsbelastungen aufgrund von Steuerzahlungen in einkommensteuerlicher Hinsicht zu vermeiden. Können zudem noch die erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Begünstigungen der §§ 13a, 13b und 19a ErbStG in Anspruch genommen werden, ist eine weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Anteilsübergangs möglich.

Dr. Michael Vituschek

Steuerberater

E-Mail:
michael.vituschek@falk-co.de


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