bg-photo

Mitarbeiterbeteiligung – Arbeitslohn ja oder nein?

Ein aktuelles BFH-Urteil im Fokus der Presse

Mitarbeiterbeteiligungen sind ein gängiges Instrument zur Bindung von wichtigen Mitarbeitern an den Arbeitgeber, indem man ihnen eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Unternehmen einräumt. Durch Teilhabe an der Gewinn- und Wertentwicklung soll die Motivation der Berechtigten weiter gehoben werden. Unzweifelhaft sind das gewichtige Vorteile, die allerdings regelmäßig durch das Thema „Steuern“ getrübt werden. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten mit den Finanzbehörden, die nicht selten vor den Finanzgerichten enden. So verwundert es nicht, dass sich der Bundesfinanzhof in zwei aktuellen Entscheidungen vom 14.12.2023 – VI R 1/21 und VI R 2/21 einmal mehr mit der Thematik Mitarbeiterbeteiligung befasst hat. In zahlreichen Presse-Kommentaren wurden die Entscheidungen aufgegriffen und häufig als neue Erkenntnisse der Rechtsprechung dargestellt. Tatsächlich sind die inhaltlichen Aussagen eher der Rubrik „alter Wein in neuen Schläuchen“ zuzuordnen, deshalb aber nicht minder interessant.


Mitarbeiterbeteiligung als Arbeitslohn?

Erhält der Mitarbeiter Geschäftsanteile am Unternehmen des Arbeitgebers oder häufig auch an der Unternehmensholding, führt das nicht per se zu Arbeitslohn – sondern nur, wenn die Beteiligung verbilligt eingeräumt wird, d. h., der Marktwert ist höher als der vom Mitarbeiter gezahlte Kaufpreis. Für diesen Fall unterliegt der Preisnachlass der Lohnsteuer. Ab diesem Zeitpunkt hält der Mitarbeiter eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbs-/Einkunftsquelle. Steuerliche Folge ist, dass weitere Wertsteigerungen (aber auch Wertminderungen) ab dem Erwerbszeitpunkt im Grundsatz außerhalb des Themas Arbeitslohn anzusiedeln sind. Da es sich nach der Lesart des BFH um eine sog. Sonderrechtsbeziehung handelt, kann selbstverständlich im Hinblick auf mögliche Wertsteigerungen eine andere Einkunftsart relevant werden, vorzugsweise Einkünfte aus Kapitalvermögen.


Der aktuelle BFH-Fall

Fast lehrbuchmäßig war dementsprechend auch das (etwas vereinfacht dargestellte) „Drehbuch“ des Urteilsfalls. Der Kläger war als Führungskraft zur Teilnahme an einem Managementbeteiligungsprogramm berechtigt und erhielt – mittelbar über eine sog. Manager KG – im Jahr 2006 Anteile an der Muttergesellschaft (M) seiner Arbeitgeberin (A). Der Preisnachlass für die überlassenen Anteile wurde als Arbeitslohn versteuert. Die Anschaffungskosten für die Beteiligung an M – bestehend aus der (angenommenen) Zahlung des Mitarbeiters von 100 zuzüglich des versteuerten Preisnachlasses, (angenommen) ebenfalls 100 – belaufen sich somit auf 200. Nachdem es im Folgejahr 2007 zum Börsengang der A und infolgedessen zu einer kräftigen Wertsteigerung gekommen war, wurden die Anteile an der M gegen Anteile an der A getauscht (angenommener Wert 500). Das Finanzamt witterte den (Steuer-)Braten und wollte die Wertsteigerung von 300 als Arbeitslohn der Einkommensteuer unterwerfen. Hiergegen wehrte sich der Kläger mit Erfolg – und dem Argument, dass die Wertsteigerung mit einer gesonderten Einkunftsquelle, nämlich einer Vermögensbeteiligung – außerhalb des Arbeitsverhältnisses – erzielt worden war. Aus heutiger Sicht wäre der Gewinn entweder im Rahmen der Kapitaleinkünfte mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % oder – bei Beteiligungen ab 1 % – als steuerrelevanter Anteilsverkauf unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens (40 % steuerfrei) zu versteuern – jedenfalls deutlich günstiger als eine Versteuerung von Arbeitslohn mit dem Normaltarif.

Da sich der Fall vor 2009 zugetragen hatte, kam es für den Kläger noch besser – die Wertsteigerung war wegen seiner Minibeteiligung von unter 1 % seinerzeit komplett steuerfrei. Und wenn man den reißerischen Überschriften selbst in der seriösen Wirtschaftspresse folgt, belief sich dieser steuerfreie Gewinn auf immerhin 3 Mio. Euro.


Die Entscheidung des BFH fußt im Prinzip auf seiner langjährigen Rechtsprechung und altbekannten Aussagen. Eine Klarstellung nimmt der BFH jedoch vor, auch wenn sie für den Fall nicht relevant war: Die nach dem Erwerb der Beteiligung erzielte Wertsteigerung (also die 300) unterliegt ausnahmsweise dann der ungünstigen Besteuerung als Arbeitslohn, wenn der begünstigte Mitarbeiter bei der Veräußerung einen „marktunüblichen Überpreis“ erzielt. Für diesen Fall wäre es irrelevant, dass es sich bei der Beteiligung um eine gesonderte Einkunftsquelle auf Grundlage einer Sonderrechtsbeziehung handelt. Da vorliegend für die Anteile an der börsennotierten A ein objektivierter Börsenpreis vorlag, droht dem Kläger jedenfalls kein weiteres Ungemach.

Praxishinweis

Streng zu trennen ist zwischen (echten) Mitarbeiterbeteiligungen, wonach der Mitarbeiter Gesellschaftsanteile erhält, und anderen Formen der Mitarbeiter-Incentivierung, wie Options-/Anwartschaftsrechte, virtuelle Beteiligungsprogramme etc. In diesen Fällen kommt es jeweils erst mit der zeitlich späteren Zuweisung von Gesellschaftsrechten nach Optionsausübung oder nach Auszahlung der aus den virtuellen Programmen abgeleiteten Geldbeträge zum Zufluss von Arbeitslohn, der zum normalen Tarif der Lohn- bzw. Einkommensteuer unterliegt.

Gerd Fuhrmann

Steuerberater

E-Mail:
gerd.fuhrmann@falk-co.de


Mehr Aktuelles?

Gerne möchten wir Sie über aktuelle Themen und Veranstaltungen per E-Mail auf dem Laufenden halten. Bitte melden Sie sich hier für unseren Newsletter an:

Hinweisgebersystem/Interne Meldestelle

Willkommen beim anonymen Hinweisgebersystem/der anonymen internen Meldestelle der FALK GmbH & Co KG. Sie haben die Möglichkeit anonyme Meldungen zu konkreten Gesetzesverstößen oder Verdachtsmomenten einzustellen. Jeglicher Kontakt sowie die damit verbundene Kommunikation erfolgt in anonymer Form. Die Herstellung einer Verbindung zu Ihrer Person ist nicht möglich und auch nicht vorgesehen. Bitte vermeiden Sie die Angabe Ihrer personenbezogenen Daten in der Nachricht/im Betreff.