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Neue Bundesregierung in Berlin – steuerliche Aspekte des Koalitionsvertrags

„Wachstumsbooster“ zur Stärkung des Standorts befindet sich bereits im parlamentarischen Verfahren

Nachdem Friedrich Merz am 06.05.2025 vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt wurde, hat die neue Bundesregierung die Arbeit aufgenommen. Was man von dieser in der aktuellen Legislaturperiode aus steuerlicher Sicht erwarten darf, kann dem über 140 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag entnommen werden, welcher von CDU, CSU und SPD bereits am 09.04.2025 veröffentlicht wurde. Neben einer schrittweisen Absenkung des Körperschaftsteuersatzes sollen auch ein „Investitionsbooster“ und viele weitere steuerliche Einzelmaßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken und neues Wirtschaftswachstum ermöglichen. Im Folgenden werden auf Grund der Vielzahl der im Koalitionsvertrag enthaltenen Änderungsvorhaben ausschließlich die steuerlichen Highlights dargestellt. 


Unternehmensbesteuerung

Der erste zentrale Punkt des Koalitionsvertrags im Bereich der Unternehmensbesteuerung ist die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von derzeit 15 %. Dieser soll (erst) beginnend ab dem 01.01.2028 in fünf Jahresschritten um jeweils einen Prozentpunkt auf 10 % gesenkt werden. Ergänzt wird diese Maßnahme um den sog. „Investitionsbooster“. Hinter dieser neuen Wortkreation versteckt sich die Verlängerung der Anwendung der degressiven Abschreibung unter Verbesserung der bestehenden Abschreibungsbedingungen. Die degressive Abschreibung mit einem maximalen AfA-Satz i. H. v. 30 % p. a. (bisher: 20 % p. a.) soll für „Ausrüstungsinvestitionen“ (bisher: bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens), die in den Jahren 2025-2027 getätigt werden (bisher: 31.03.2024 - 01.01.2025), beibehalten werden. Es ist bisher nicht definiert, was unter dem Begriff „Ausrüstungsinvestitionen“ zu verstehen ist. Zusätzlich will die Bundesregierung prüfen, ob ab dem Jahr 2027 die gewerblichen Einkünfte neu gegründeter Unternehmen – unabhängig von ihrer Rechtsform – in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer fallen können.

Praxishinweis

Auch nach Senkung des Körperschaftsteuersatzes soll der Solidaritätszuschlag nach dem Willen der neuen Bundesregierung in der vorliegenden Form fortbestehen und bei 5,5 % verbleiben. Das Bundesverfassungsgericht hatte zwischenzeitlich mit Urteil vom 26.03.2025 (Az. 2 BvR 1505/20) bestätigt, dass dessen Erhebung auch nach dem Jahr 2019 verfassungsgemäß sei. Insbesondere die Beschränkung des Anwendungsbereichs des Solidaritätszuschlags auf Kapitalerträge sowie das Einkommen von Körperschaftsteuerpflichtigen und bestimmten Einkommensteuerpflichtigen, deren Einkommen eine bestimmte Grenze überschreitet, stelle laut dem Gericht keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes dar. 

Mit Hinblick auf die nichtselbständig tätigen Steuerpflichtigen will die Bundesregierung Anreize für die Ausweitung der Arbeitszeit schaffen. So sollen Überstundenzuschläge für die Arbeitszeit, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgeht, künftig steuerfrei gestellt werden. Gleiches soll für Prämien gelten, die Arbeitgeber zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf dauerhaft an Tarifverträgen orientierte Vollzeit zahlen. Für Steuerpflichtige, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben und freiwillig weiterarbeiten, soll ein Gehalt von bis zu 2.000 EUR im Monat steuerfrei gestellt werden, um sie länger im Arbeitsmarkt zu halten. Zuletzt sieht der Koalitionsvertrag eine dauerhafte Erhöhung der Pendlerpauschale zum 01.01.2026 von 0,3 EUR/km (0,38 EUR ab dem 20. km) auf 0,38 EUR ab dem ersten Kilometer vor.

Praxishinweis

Die Schaffung von Anreizen zur Mehrarbeit ist zwar ein begrüßenswertes Ziel. Allerdings bleiben die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Maßnahmen hinter den zu Beginn der Koalitionsverhandlung getätigten Ankündigungen zurück. Sollte damals noch der komplette Lohn für Überstunden steuerfrei gestellt werden, wurde die Steuerbefreiung im Koalitionsvertrag bereits auf die Überstundenzuschläge reduziert. Inwieweit diese Maßnahmen eine tatsächliche Auswirkung auf das (Arbeits-)Verhalten der relevanten Parteien (sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer) haben werden, bleibt abzuwarten.

Sonstige Maßnahmen

Zuletzt sieht der Koalitionsvertrag auch in den übrigen Steuerrechtsgebieten punktuelle Anpassungen vor. Beispielsweise soll der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie zum 01.01.2026 dauerhaft auf 7 % reduziert werden. Daneben ist zur Bekämpfung von Gewerbesteueroasen eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Mindesthebesatzes von 200 % auf 280 % geplant. Des Weiteren sollen mit Hinblick auf die steuerliche Forschungszulage der Fördersatz und die Bemessungsgrundlage deutlich angehoben werden. Als Abrundung des Maßnahmenkatalogs sind weitere Schritte in Richtung Bürokratieabbau vorgesehen. Hervorzuheben ist diesbezüglich die Ankündigung einer sukzessiven Umstellung von Körperschaften und Personengesellschaften auf die Selbstveranlagung.

Fazit und Ausblick

Die neue Bundesregierung hat eine Vielzahl von steuerlichen Maßnahmen in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt. Auch wenn die meisten Maßnahmen, wie z. B. die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes, als solche begrüßenswert sind, ist zum jetzigen Zeitpunkt äußerst fraglich, ob der Umfang und insbesondere auch die (teils) hinausgeschobene Anwendung des Maßnahmenkatalogs ausreichen werden, um das große Ziel – die Schaffung von neuem Wirtschaftswachstum – zu erreichen.


Die ersten Schritte zur gesetzlichen Umsetzung wesentlicher steuerlicher Maßnahmen hat die neue Bundesregierung einen Monat nach Aufnahme der Regierungsgeschäfte bereits unternommen. Am 04.06.2025 wurde vom Bundeskabinett der Regierungsentwurf eines „Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ verabschiedet und ins parlamentarische Verfahren eingebracht. Der “Investitionsbooster“ durch die eingangs erwähnte degressive Abschreibung von 30 % soll demnach wohl sämtliche bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens betreffen und für Investitionen im Zeitraum vom 01.07.2025 bis zum 31.12.2027 gelten. Neben der erwähnten Absenkung des Körperschaftsteuersatzes und den Verbesserungen bei der Forschungszulage enthält das geplante Gesetzespaket auch einen weiteren „Investitionsbooster“ in Form einer beschleunigten Abschreibung von 75 % der Anschaffungskosten für Elektrofahrzeuge im Investitionsjahr. Im Bundestag wurde der Entwurf bereits am 05.06.2025 in 1. Lesung behandelt; der weitere Zeitplan sieht vor, dass das neue Gesetz bereits vor der Sommerpause in Kraft treten soll. Es bleibt also spannend. Wir werden Sie diesbezüglich auf dem Laufenden halten!

Sebastian Müller

Steuerberater

E-Mail:
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