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Neue Verwaltungsgrundsätze im Bereich Verrechnungspreise

Neues zu Funktionsverlagerungen

Am 06.06.2023 hat das BMF überarbeitete ‚Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise‘ (Verwaltungsgrundsätze 2023 (VWG 2023)) erlassen. Sie sind eine Neufassung der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise vom 14.07.2021 und ersetzen diese. 


Die inhaltlichen Neuerungen in den bereits bisher vorhandenen Textabschnitten sind überschaubar, u. a. wurde die aktuelle BFH-Rechtsprechung zu Finanztransaktionen integriert. Wesentliche Neuerung ist die komplette Überarbeitung der bisher gesonderten ‚Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung‘ vom 13.10.2010 (VWG 2010) und deren Aufnahme im Rahmen eines separaten Kapitels in die VWG 2023. 


Was ist fortan bei Konzernfinanzierungen zu beachten? 

Konzernfinanzierungsgesellschaften sollen nicht mehr grundsätzlich die Kostenaufschlagsmethode wählen, sondern jene Methode, die am besten zu den jeweiligen Funktionen und Risiken passt. Die Finanzverwaltung präferiert mit der OECD weiterhin die Preisvergleichsmethode (= fremdvergleichs-konformer Zinssatz) bei Finanztransaktionen. 


Klarstellend werden Verweise auf die BFH-Rechtsprechung zur Bestimmung fremdüblicher konzerninterner Darlehenszinsen in die VWG 2023 übernommen: 


Das Urteil vom 18.05.2021 - I R 4/17 stellt fest, dass sich der Konzernrückhalt de facto auf die Bonität einer Konzerngesellschaft auswirken kann und somit bei der Höhe des Zinssatzes zu berücksichtigen ist. Das Urteil vom 13.01.2022 - I R 15/21 klärt, dass ein ungesichertes Darlehen fremdvergleichskonform sei, „…wenn ein fremder Dritter, ggf. unter Berücksichtigung möglicher Risikokompensationen, das Darlehen unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte“. Mit anderen Worten, die fehlende Sicherheit sollte sich in der Zinshöhe niederschlagen. 


Auch sollen Wissensvorsprünge, die aus den gesellschaftsrechtlichen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten resultieren, ggf. bei der Ermittlung des Zinssatzes berücksichtigt werden. 


Neuregelungen zu Funktionsverlagerungen 

Schon die Neufassung des § 1 AStG (‚Berichtigung von Einkünften‘) mit der Aufnahme der Funktionsverlagerung in einem neuen separaten Absatz 3b sowie der ebenfalls neu eingefügte § 1a AStG zur Preisanpassungsklausel machten eine grundlegende Überarbeitung der VWG 2010 notwendig. 

 

Durch mehrere Verweise auf und Integration von Kapitel IX der inhaltlich verwandten OECD-Richtlinien 2022 konnte der Umfang zwar deutlich reduziert werden, für die Lesbarkeit der Vorschriften ist diese um sich greifende Verweistechnik aber naturgemäß störend. Dankenswerterweise ist hierdurch jedoch der Detaillierungsgrad der VWG 2023 zurückgegangen.  


Weiterhin werden der Begriff der Funktion und somit eine ggf. realisierte Funktionsverlagerung dem Grunde nach weit gefasst, was anhand von praxisrelevanten Beispielen zur Funktionsabgrenzung, Funktionseinschränkung, zu Schließungskosten oder zur Funktionsverdoppelung verdeutlicht wird. 


Zur tatsächlichen Durchführung der Berechnung des Transaktionswerts treffen die VWG 2023 wenig Aussagen. Auch fehlt ein Verweis auf konkrete Bilanzierungs- oder Bewertungsstandards. Jeder anerkannte Bewertungsstandard, der „im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblich ist“, kann für die notwendige kapitalwertorientierte Bewertung herangezogen werden. Ganz am Ende der VWG 2023 findet sich zudem ein „Beispiel 1 – zur Wertermittlung für Funktionsverlagerungen“ zu den Themen Fixierung des Einigungsbereichs und Transaktionsaktionswert. 


Zeitliche Anwendung der VWG 2023 

Im Grundsatz sind die VWG 2023 auf alle offenen Fälle anwendbar. 

Aber Achtung: Die Neuregelungen zu Funktionsverlagerungen gelten nur für Funktionsverlagerungen, die nach dem 31.12.2021 verwirklicht werden. Für Funktionsverlagerungen, die vor dem 01.01.2022 verwirklicht wurden, sind weiterhin die VWG 2010 einschlägig. 

Praxishinweis

Da Funktionsverlagerungen grundsätzlich als außergewöhnliche Geschäftsvorfälle zeitnah zu dokumentieren sind, sollte (sicherheitshalber) geprüft werden, ob die für Funktionsverlagerungen nach dem 31.12.2021 bereits erstellten Dokumentationen auch im Einklang mit den VWG 2023 stehen. 

Kai-Udo Schwinger

Head of Transfer Pricing

E-Mail:
kai.schwinger@falk-co.de


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