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Neues aus Berlin: Das Wachstumschancengesetz

Nachdem der Bundesrat dem Kompromissvorschlag am 22.03.2024 zugestimmt hat, wurde der stark reduzierte Gesetzestext bereits am 27.03.2024 im Bundessteuerblatt verkündet

Das Wachstumschancengesetz (WaChaG), bei dem das Gesetzgebungsverfahren im November letzten Jahres nach Anrufung des Vermittlungsausschusses ins Stocken geraten war, wurde nach monatelanger Hängepartie nun endlich verabschiedet. Ziel des umfangreichen Gesetzesvorhabens war es, Wachstumschancen für die deutsche Wirtschaft zu erhöhen, Investitionen und Innovation in neue Technologien zu ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken. Nach dem Beschluss eines Kompromissvorschlags durch den Vermittlungsausschuss am 21.02.2024 haben nun der Bundestag und der Bundesrat am 23.02.2024 bzw. 22.03.2024 der stark reduzierten Fassung des Gesetzespakets zugestimmt. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichen Maßnahmen, die im finalen Gesetzespaket enthalten sind bzw. – mindestens genauso wichtig – die im Laufe des Verfahrens gestrichen wurden.


Verbesserung der Verlustnutzungsmöglichkeiten

Eine der zentralen Maßnahmen des WaChaG sollte ursprünglich die Verbesserung der Verlustnutzungsmöglichkeiten sein. Allerdings wurde nach Kritik des Bundesrats der Umfang der geplanten Anpassungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf deutlich reduziert, um einen übermäßigen Rückgang des Ertragsteueraufkommens zu vermeiden. Sowohl die dauerhafte Festschreibung des erhöhten Höchstbetrags für den Verlustrücktrag von 10 Mio. EUR (20 Mio. EUR für Zusammenveranlagte) als auch die geplante Ausweitung des Verlustrücktragszeitraums von zwei auf drei Jahre wurden ersatzlos gestrichen. Lediglich die Abmilderung der sog. Mindestbesteuerung mit Hinblick auf den Verlustvortrag ist verblieben. Nach bisheriger Rechtslage konnten im Rahmen des Verlustvortrags Verluste nur bis zu 60 % der im jeweiligen Folgejahr erzielten Einkünfte abgezogen werden, soweit diese den unbeschränkt ausgleichsfähigen Sockelbetrag von 1 Mio. EUR (2 Mio. EUR für Zusammenveranlagte) überstiegen. Dieser Prozentsatz wird laut verabschiedeter Gesetzesfassung für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 auf 70 % erhöht (nicht jedoch auf 75 %, wie noch im Gesetzesentwurf aus dem November 2023 vorgesehen). Dies wird auch nur für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht jedoch für die Gewerbesteuer gelten.

Praxishinweis

Die Einführung der sog. Klimaschutz-Investitionsprämie für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern, die unter anderem dazu dienen, die Energieeffizienz innerhalb der Unternehmen zu verbessern, wurde ersatzlos gestrichen. Gleiches gilt für die Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 EUR oder die Erweiterung der Anwendung des Sammelpostens: ebenfalls gestrichen. Eine Streichmaßnahme ist hingegen positiv: Die Einführung einer Meldepflicht (auch) für inländische Steuergestaltungen wird nicht kommen.  

Abschreibung für ertragsteuerliche Zwecke

Weiterhin wurde auch die Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten für ertragsteuerliche Zwecke modifiziert. So wird für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt werden, wieder eine degressive Abschreibung mit einem maximalen AfA-Satz i. H. v. 20 % p. a. möglich sein. Ursprünglich sollte die Regelung für Anschaffungen im Zeitraum 30.09.2023 -01.01.2025 gelten und einen AfA-Satz von maximal 25 % p. a. umfassen. Auch für Wohngebäude, mit deren Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wird, wird eine degressive AfA vom Rest- bzw. Buchwert eingeführt. Der AfA-Satz wird jedoch jährlich nur 5 % statt 6 % betragen.

Praxishinweis

Das verabschiedete Gesetz enthält eine Vielzahl von weiteren Anpassungen, die wir in Anbetracht der Fülle an dieser Stelle nicht umfassend auflisten können. Besonders erwähnenswert ist jedoch im Bereich der Umsatzsteuer die Einführung der E-Rechnung ab 2025, allerdings mit mehrjährigen Übergangsregelungen, um den Unternehmen ausreichend Zeit bei der technischen Umsetzung zu geben.

Im Vorfeld umgesetzte Gesetzesänderungen

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass einige Maßnahmen, die noch im Gesetzesentwurf vom November 2023 enthalten waren, bereits im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes im Dezember 2023 umgesetzt wurden. Hierzu gehören – neben der Modifikation der Regelungen zur Zinsschranke – insbesondere die Regelungen zur Vermeidung von Auswirkungen des MoPeG auf das Steuerrecht. Laut der verabschiedeten Gesetzesfassung werden Personengesellschaften für Zwecke der Ertragsteuern, der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer – entgegen der geänderten zivilrechtlichen Beurteilung – weiterhin als Gesamthand behandelt.

Zu beachten ist jedoch, dass diese Regelung mit Hinblick auf die Grunderwerbsteuer nur zeitlich befristet bis zum 31.12.2026 gilt. Hierdurch wird die Frage aufgeworfen, ob der Wegfall der (steuerlichen) Gesamthandseigenschaft zu diesem Stichtag ggf. zum rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung nach § 6 GrEStG für Übertragungen von Grundstücken auf eine Gesamthand führen wird. Hier gilt nämlich eine Nachbehaltensfrist für die Beteiligung an der „Gesamthand“ von 10 Jahren – sofern die Frist seit der Grundstücksübertragung zum Stichtag noch nicht abgelaufen ist, droht aus heutiger Sicht Ungemach. Es bleibt zu hoffen, dass diese nicht akzeptable Rechtsunsicherheit so bald wie möglich im Sinne der Steuerpflichtigen beseitigt wird.

Fazit

Das Wachstumschancengesetz ist ein klassisches Omnibusgesetz, das Änderungen in fast allen Bereichen des Steuerrechts beinhaltet. Maßnahmen wie die Verbesserung der Abschreibungs- und Verlustnutzungsmöglichkeiten sind zwar ausdrücklich zu begrüßen, jedoch ist der Umfang der Maßnahmen im Vergleich zum Umfang zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens eher enttäuschend. Dies war jedoch – nicht zuletzt in Anbetracht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den „gestalterischen Maßnahmen“ im Bundeshaushalt – bereits zu erwarten. Besonders ärgerlich sind die Rechtsunsicherheiten, insbesondere mit Blick auf die Grunderwerbsteuer, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens entstanden sind. Diese sollten möglichst zeitnah beseitigt werden. Wir werden Sie diesbezüglich auf dem Laufenden halten!

Sebastian Müller

Steuerberater

E-Mail:
sebastian.mueller@falk-co.de


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