Stolperfalle bei der Grunderwerbsteuer in Ausgliederungsfällen
BFH äußert sich zur „Ausgliederung zur Aufnahme“
Bei Umstrukturierungsvorgängen, an denen Gesellschaften mit Grundbesitz beteiligt sind, steht regelmäßig – neben ertragsteuerlichen oder auch umsatzsteuerlichen Themen – die Grunderwerbsteuer im besonderen Fokus. Damit eine hieraus resultierende Grunderwerbsteuer nicht zum Umstrukturierungshindernis wird, hat der Gesetzgeber bereits vor vielen Jahren eine sog. „Konzernklausel“ in Form einer Steuerbefreiung in § 6a GrEStG eingeführt. Im Grundsatz eine gute Idee – wenn nicht die äußerst engen Anwendungsvoraussetzungen wären. So sieht die Norm u. a. sog. Vor- bzw. Nachbehaltensfristen vor, was im Detail häufig zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt führt. In einer aktuellen Entscheidung vom 21.05.2025 – II R 31/22 musste sich der BFH bspw. mit der Anwendung der 5‑jährigen Vorbehaltensfrist befassen.
Hintergrund
Verschmelzungs- oder Spaltungsvorgänge lösen Grunderwerbsteuer aus, wenn hierbei Grundstücke übergehen. Wie eingangs erwähnt, bezweckt die Konzernklausel des § 6a GrEStG im Grundsatz, eine Grunderwerbsteuerbelastung zu vermeiden – zumindest dann, wenn aus wirtschaftlicher Sicht der Grundbesitz unverändert der Konzernspitze zugerechnet wird. Um diese Vorgabe des Gesetzgebers umzusetzen, wurde ein Geflecht von Bedingungen eingeführt, u. a. die bereits erwähnten Vor- und Nachbehaltensfristen von jeweils fünf Jahren. Dies bedeutet, dass die Obergesellschaft sowohl im Vorfeld der Umstrukturierung als auch im Nachgang fünf Jahre an den an der Umstrukturierung beteiligten Gesellschaften beteiligt sein muss – und zwar durchgehend zu 95 % (!).
Anwendungsfall „Verschmelzung“
Man ahnt es schon, in vielen Fällen hilft die Konzernklausel bei wortgetreuer Auslegung nicht wirklich weiter:
Man denke nur an den Fall der Verschmelzung einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft auf ihre Schwestergesellschaft. Da die übertragende Gesellschaft infolge der Verschmelzung untergeht, würde man gegen die Nachbehaltensfrist zwingend verstoßen, so dass die GrESt-Befreiung nicht greifen würde.
Der BFH zeigte bereits vor mehreren Jahren Verständnis für die Nöte der betroffenen Unternehmen und schränkte die Anwendung der Vor-/Nachbehaltensfristen signifikant ein: Die Fristen müssen nur dann eingehalten werden, wenn sie aufgrund des Umwandlungsvorgangs auch tatsächlich eingehalten werden können – was im genannten Fall der Verschmelzung im Hinblick auf die Nachbehaltensfrist denklogisch ausgeschlossen ist.
Anwendungsfall „Spaltung“
Ein ähnlich gelagertes Problem stellt sich bei Spaltungs- oder auch Ausgliederungsvorgängen (als spezielle Form der Spaltung): Zumindest bei einer Spaltung/Ausgliederung zur Neugründung – d. h., die Gesellschaft, die das abgespaltene Vermögen (inkl. Grundstück) aufnimmt, wird im Rahmen der Spaltung neu gegründet – liegt zwingend ein Verstoß gegen die Vorbehaltensfrist vor. Auch diese Konstellation hat der BFH bereits vor geraumer Zeit sanktioniert und die Steuerbefreiung für anwendbar erklärt.
Aber wie sieht es aus, wenn bei einer Spaltung/Ausgliederung die Gesellschaft, die das abgespaltene Vermögen übernehmen soll, bereits im Vorfeld gegründet wurde, um die Umstrukturierung vorzubereiten. Würde der BFH auch in diesem Fall (sog. Spaltung zur Aufnahme) den Verstoß gegen die 5-jährige Vorbehaltensfrist sanktionieren?
BFH zeigt wenig Humor
Mit seiner aktuellen Entscheidung vom 21.05.2025 bestätigt der BFH ausdrücklich seine harte Linie, die sich bereits im Vorfeld angedeutet hatte. Unabhängig davon, ob die das Vermögen übernehmende Gesellschaft erst wenige Wochen vor der Beurkundung der Ausgliederung speziell für diesen Zweck gegründet worden war: Die Ausgliederung des Grundbesitzes ist steuerpflichtig – die Vorbehaltensfrist von 5 Jahren muss eingehalten werden (!). Da es sich um den Typus „Ausgliederung zur Aufnahme“ handelt, stellt der BFH argumentativ darauf ab, dass die Einhaltung der 5-jährigen Frist theoretisch möglich gewesen wäre. Oder anders gesprochen: Nur wenn die Nichteinhaltung auf umwandlungsbedingten Gründen beruht, wird die Befreiung trotz Fristverstoß gewährt.
Praxishinweis
Die Differenzierung des BFH zwischen Ausgliederung zur Neugründung bzw. zur Aufnahme mag sehr kleinlich wirken. Im Interesse der Absicherung der Steuerbefreiung sollte man zukünftig akribisch genau darauf achten, dass im Falle der Ausgliederung die Variante „zur Neugründung“ gewählt wird, d. h., dass man die übernehmende Gesellschaft erst im Rahmen des Umwandlungsvorgangs gründet und nicht auf eine Vorratsgesellschaft zurückgreift. Denn nur dann ist gewährleistet, dass die Übertragung des Grundbesitzes grunderwerbsteuerfrei erfolgen kann – selbstverständlich vorausgesetzt, dass auch die weiteren Restriktionen der Konzernklausel eingehalten werden, sprich die übertragende Gesellschaft ihre zumindest 95%ige Beteiligung fünf Jahre beibehält.