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Umsatzsteuer im digitalen Zeitalter (VAT in the Digital Age) – elektronische Rechnungsstellung und digitale Meldepflichten

EU-Kommission schlägt umfassende Änderungen der MwSt-Richtlinie vor

Mit ihrem Vorschlag vom 08.12.2022 zur Änderung der MwSt-Richtlinie will die EU-Kommission Einnahmeausfälle in Höhe von rund 93 Milliarden Euro massiv eindämmen. Ein Kernstück dieses Vorschlags sind die neuen Regelungen zur elektronischen Rechnungsstellung und die damit verbundenen elektronischen Meldepflichten, die die bisherige Zusammenfassende Meldung für innergemeinschaftliche B2B-Transaktionen ersetzen sollen. 


1) Elektronische Rechnung 

a) Grundlegendes 

Die elektronische Rechnungsstellung als verbindliche Regelung für innergemeinschaftliche B2B-Transaktionen steht im Zusammenhang mit den digitalen Meldepflichten, die es der Finanzverwaltung künftig ermöglichen sollen, die den einzelnen Transaktionen zugrunde liegenden Daten nahezu in Echtzeit zu prüfen und abzugleichen. 

 

Neben der Verringerung der Betrugsanfälligkeit dürfte das wesentliche Ziel sein, die in verschiedenen Mitgliedsstaaten bereits bestehenden, aber im Detail unterschiedlichen elektronischen Meldepflichten auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen. Dies würde erhebliche Erleichterungen für Unternehmen mit sich bringen, die in verschiedenen Mitgliedsstaaten tätig sind. 


b) Gegenwärtige Rechtslage in Deutschland 

Bislang existieren konventionelle Rechnungen in Papierform und elektronische Rechnungen nebeneinander. Bei elektronischen Rechnungen kann es sich um Rechnungen mit qualifizierter elektronischer Signatur, Rechnungen im EDI-Format (Electronic Data Interchange) oder um Rechnungen per E-Mail handeln, bei denen die eigentliche Rechnung bereits im Text der E-Mail enthalten ist oder in einem beliebigen lesbaren Format (z. B. PDF) angehängt wird. 

 

Die letztgenannte Möglichkeit bietet den Unternehmen zwar technisch ein Höchstmaß an Flexibilität, hat jedoch den Nachteil, dass die so gewonnenen Daten nicht ohne weiteres automatisiert weiterverarbeitet werden können. Es gibt zwar Lösungen, die aus den Rechnungen die für das ERP-System des Empfängers notwendigen Daten extrahieren, um sie einer automatisierten Weiterverarbeitung (z. B. Rechnungsprüfung, Verbuchung) zuzuführen. Teilweise sind jedoch noch manuelle Eingriffe erforderlich oder die Softwarelösung muss an das Rechnungsformat eines neuen Lieferanten angepasst werden. 

 

c) Geplante Neuregelung 

 

Zwischen 2024 und 2027 soll es weiterhin ein Nebeneinander von elektronischen Rechnungen und Rechnungen in Papierform geben. Elektronische Rechnungen im mehrwertsteuerlichen Sinne sollen Dokumente sein, die wie bisher die Rechnungspflichtangaben enthalten, jedoch in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt (so wie bislang schon EDI), übermittelt und empfangen werden. Dieses Format ermöglicht eine automatisierte Verarbeitung der Daten, da die jeweiligen Rechnungspositionen eindeutig definiert sind und dem vorgegebenen Format entsprechen müssen. Die zuvor erwähnten Softwarelösungen, die die Daten aus den bisher nicht strukturiert angelegten Rechnungen herausfiltern mussten, werden obsolet. Die bislang erforderliche Zustimmung des Empfängers zur elektronischen Rechnung soll entfallen. 

 

Ab dem 01.01.2028 wird die neue Form der elektronischen Rechnung nach den Vorstellungen der EU-Kommission verpflichtend für innergemeinschaftliche B2B-Transaktionen. Die Rechnungsstellung hat innerhalb von zwei Tagen nach Leistungsausführung zu erfolgen. Die Möglichkeit, zusammenfassende Rechnungen zu erstellen, soll entfallen. Zusätzlich ist die IBAN des Kontos anzugeben, auf dem die Zahlung eingeht, und bei Berichtigung einer Rechnung die ursprüngliche Rechnungsnummer. Für lokale Lieferungen und Ausfuhrlieferungen bleibt es den Mitgliedsstaaten überlassen, ob auch andere Formen der Abrechnung möglich sind. Für B2C-Transaktionen besteht ohnehin nur in bestimmten Fällen eine umsatzsteuerliche Rechnungsstellungsverpflichtung, weshalb hier beliebige Formate gewählt werden können. 

 

Die Bundesregierung beabsichtigt jedoch, auf Grundlage einer bereits beantragten Ermächtigung für Deutschland eine verpflichtende elektronische Rechnungsstellung für inländische B2B-Umsätze bereits ab dem 01.01.2025 einzuführen. Unter einer elektronischen Rechnung soll nur noch eine strukturierte elektronische Rechnung verstanden werden, andere Rechnungen (Papierrechnungen und sonstige elektronische Rechnungen) fallen unter den Begriff „sonstige Rechnungen“. Das Zustimmungserfordernis des Leistungs-/Rechnungsempfängers entfällt. Offen ist, ob es ggf. Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen geben wird. 


2) Digitale Meldepflichten ersetzen künftig ZM 

Im Zusammenhang mit der verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung für innergemeinschaftliche B2B-Umsätze werden digitale Meldepflichten eingeführt. Die bisherige Zusammenfassende Meldung, die lediglich eine Meldung der Leistungen je Umsatzart und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in aggregierter Form vorsah, wird ab dem 01.01.2028 durch die digitalen Meldepflichten ersetzt. Die Meldung der Rechnungsdaten hat in elektronisch strukturierter Form innerhalb von zwei Werktagen nach der elektronischen Rechnungsstellung an die Finanzverwaltung zu erfolgen, die diese Daten an das „Zentrale Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem“ weiterleitet. 

 

Diese Meldung betrifft zunächst die bisher in der zusammenfassenden Meldung zu meldenden Umsätze (innergemeinschaftliche Lieferungen, innergemeinschaftliche Dienstleistungen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer in einem anderen Mitgliedstaat schuldet und innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte) sowie zusätzlich innergemeinschaftliche Erwerbe und Dienstleistungen, die in einem anderen Mitgliedsstaat als dem Ansässigkeitsstaat des leistenden Unternehmers steuerbar sind. 

 

Vermutlich wird diese begrenzte Meldepflicht nur der erste Schritt sein. Mittelfristig soll es zur Einführung eines umfassenden transaktionsbezogenen digitalen Meldesystems für alle B2B-Transaktionen kommen. Näheres zur konkreten Ausgestaltung ist hierzu allerdings noch nicht bekannt. 

Praxishinweis

Die geplanten Änderungen stellen die Unternehmen vor erhebliche praktische Herausforderungen bei der technischen Umsetzung. Dies wird mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein, auch wenn sich diese zumindest mittelfristig durch die automatisierte Verarbeitung amortisieren sollten. Sowohl die Entwicklung der Gesetzgebung als auch die Umsetzungslösungen sollten intensiv verfolgt werden, um sich frühzeitig auf eine Umstellung der unternehmensinternen Prozesse einstellen und alsbald mit den Vorbereitungen beginnen zu können.  

Christian Merkel

Steuerberater

E-Mail:
christian.merkel@falk-co.de


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