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Umsatzsteuer: Ohne ordnungsgemäße Rechnung kein Dreiecksgeschäft

Der Enderwerber wird im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts nicht wirksam als Schuldner der Umsatzsteuer bestimmt, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthält – so entschied bereits der EuGH in der Rs. Luxury Trust Automobil mit Urteil vom 08.12.2022 (FALK Newsletter 01/2023) und nun auch der BFH mit seiner aktuellen Entscheidung vom 17.07.2024 – XI R 35/22 (XI R 14/20). 


Der Nachteil beim (normalen) Reihengeschäft

Bei einem Reihengeschäft mit warenbewegter erster Lieferung wird der Zwischenerwerber dem Grunde nach im Bestimmungsland registrierungspflichtig – er muss dort sowohl einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern als auch die Umsatzsteuer für eine innerstaatliche Lieferung im Bestimmungsland abführen. Tritt der mittlere Unternehmer mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) auf, die ihm weder vom Abgangs- noch vom Bestimmungsland erteilt wurde, droht zusätzlich im Staat dieser UID die Belastung mit einer sog. „Straferwerbsteuer“ (entsprechend der deutschen Regelung in § 3d Satz 2 UStG), d. h., im Staat der verwendeten UID wird ein innergemeinschaftlicher Erwerb fingiert.

Achtung: Diese Straferwerbsteuer führt im Falle der Realisierung zu einer echten Zusatzbelastung, da insoweit ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.


Die Lösung – das Dreiecksgeschäft

Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft (entsprechend der deutschen Norm § 25b UStG) soll den mittleren Unternehmer vor diesem bürokratischen Aufwand sowie einer möglichen Zusatzbelastung bewahren. Hierbei handelt es sich um eine besondere Form des Reihengeschäfts,

  • an dem drei Unternehmer beteiligt sind,
  • die unter der UID jeweils eines anderen Mitgliedstaates handeln,
  • und bei dem die Warenbewegung vom ersten Unternehmer unmittelbar an den letzten Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt.


Indem die Steuerschuld für die im Bestimmungsland steuerpflichtige Lieferung des Zwischenhändlers von diesem auf den Enderwerber übergeht und gleichzeitig auch der innergemeinschaftliche Erwerb dort als besteuert gilt, muss sich der Zwischenerwerber nicht im Bestimmungsland registrieren lassen. Und last but not least: Auch die Straferwerbsteuer fällt nicht an. Damit der mittlere Unternehmer in den Genuss dieser Begünstigung kommt, muss er zum einen eine ordnungsgemäße Zusammenfassende Meldung über diese Transaktion abgeben und zum anderen in seiner Rechnung an den Enderwerber sowohl auf die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung als auch auf den Übergang der Steuerschuld hinweisen.


BFH: Ordnungsgemäße Rechnung – materielle Voraussetzung

Die der Entscheidung vom 17.07.2024 – XI R 35/22 (XI R 14/20) zugrunde liegenden Sachverhalte hatten die Besonderheit, dass der jeweilige deutsche Zwischenhändler („Kläger“) das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft für seine Lieferungen nach Polen nicht erkannte und damit auch die Rechnungsvorschriften nicht beachtete.

Anders war es in der eingangs erwähnten EuGH-Sache: Seinerzeit ging es um einen Betrugsfall. Der Kläger erhoffte sich mit Verweis auf diesen Unterschied eine vom BFH weniger strenge Sichtweise. Diese Hoffnung war jedoch vergebens. Da der EuGH in seiner Urteilsbegründung den verpflichtenden Hinweis auf die Steuerschuld des Leistungsempfängers als materielle (und nicht lediglich als formelle) Voraussetzung für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft betrachtete, durfte es für den BFH keinen Unterschied machen, ob ein Betrugsfall zugrunde liegt oder ein bloßes „Übersehen“. Für den Kläger bedeutete dies nicht nur eine Registrierungsverpflichtung in Polen, sondern führte zudem in Deutschland zur Anwendung der Straferwerbsteuer und somit einer definitiven Belastung, weil er mit seiner deutschen UID aufgetreten war. Auch hinsichtlich einer Rechnungsberichtigung schloss sich der BFH dem EuGH an und lehnte eine Rückwirkung auf das Jahr der Lieferung ab. Denn das nachträgliche, erstmalige Erfüllen einer materiellen Voraussetzung stelle keine Korrektur dar.


Rechnungsberichtigung mit Wirkung ex nunc

Unstreitig sollte nach unserem Dafürhalten aber sein, dass von der Vereinfachungsregelung des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts bei einer Berichtigung bzw. erstmaligen Ausstellung einer richtigen Rechnung mit Wirkung für die Zukunft Gebrauch gemacht werden kann, so dass zumindest die „Straferwerbsteuer“ (wieder) entfallen sollte – wobei die ausgelösten Zinsen leider bestehen bleiben. Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang dagegen, welche verfahrensrechtlichen Folgen in Bezug auf die Steuerpflicht im Mitgliedstaat des Letzterwerbers eintreten – sprich, ob es tatsächlich zum Übergang der Steuerschuld auf den Endabnehmer und das Entfallen einer Registrierungspflicht kommt.

Praxishinweis

Das Urteil überrascht nicht. Der EuGH hatte bereits unmissverständlich klar gemacht, dass Rechnungsangaben in Bezug auf die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung bei Dreiecksgeschäften materielle Bedeutung zukommt. Mittlere Unternehmer sollten aus diesem Grunde sorgsam auf die Einhaltung der Rechnungsvorgaben achten.

 

Vorsorglich sollte ein deutscher Zwischenhändler stets sowohl den Hinweis auf ein Dreiecksgeschäft als auch den Hinweis auf den Steuerschuldübergang auf seinen Rechnungen erwähnen, auch wenn ggf. die nationalen Rechnungsvorgaben einzelner EU-Staaten dies nicht ausdrücklich vorsehen.

Christoph Müller

Steuerberater

E-Mail:
christoph.mueller@falk-co.de


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