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Vermietung von Wohnungen und Einkünfteerzielungsabsicht – ein Dauerbrenner

Aufgepasst bei der Vermietung von größeren Wohnimmobilien

Im Regelfall werden Verluste aus der Vermietung von Wohneinheiten steuerlich ohne weitergehende Prüfung anerkannt und können mit anderen Einkünften verrechnet werden. Aber bekanntlich gibt es keine Regel ohne Ausnahme(n). Eine neue Facette hat der Bundesfinanzhof mit einer aktuellen Entscheidung vom 20.06.2023 – IX R 17/21 für die Vermietung von Objekten mit großer Wohnfläche aufgezeigt.


Eine kleine Auffrischung – die Einkünfteerzielungsabsicht  

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, wer Grundbesitz gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Objekts einen Überschuss der Einnahmen über die (Werbungs-)Kosten zu erzielen. Liegt diese Gewinnerzielungsabsicht nicht vor, handelt es sich steuerlich um sog. Liebhaberei. Folge: Erwirtschaftete Verluste aus der Vermietung können zum Nachteil des Steuerpflichtigen nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden.   

  

Grundsätzlich kann bei einer auf Dauer angelegten Vermietung einer Wohnimmobilie/Wohneinheit vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden. Zu einer konkreten Überprüfung eines tatsächlichen Totalüberschusses kommt es nicht. 

  

Die Rechtsprechung hat jedoch einen Katalog an Ausnahmen entwickelt, in denen die Einkünfteerzielungsabsicht nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, sondern konkret zu prüfen ist. Dazu gehören beispielsweise die Vermietung einer selbst genutzten Ferienwohnung oder die zu verbilligter Miete überlassene Wohnung; auch bei der Vermietung/Verpachtung von Gewerbeimmobilien bedarf es im Übrigen einer konkreten Überschussprognose. In solchen Fällen muss der Steuerpflichtige nachweisen, dass die Vermietung mit der Absicht erfolgt, einen Überschuss zu erzielen, und deshalb eine Totalüberschussprognose auf einen Nutzungszeitraum von 30 Jahren erstellen. Lässt sich ein Überschuss nicht darstellen, spricht dies gegen die Einkünfteerzielungsabsicht.  

 

Besonderheiten bestanden schon immer für den Fall der verbilligten Wohnungsüberlassung. Wobei sich die Details immer wieder geändert haben. In den Jahren 2012 bis 2020 war bei einer vereinbarten Miete unter 66 % der ortsüblichen Miete nur ein entsprechend anteiliger Werbungskostenabzug möglich (bei einer Miete von bspw. 60 % der ortsüblichen Miete also nur ein Abzug von 60 % der Werbungskosten). Betrug die Miete hingegen mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, galt die Wohnungsvermietung als (voll-)entgeltlich, mit der Folge, dass Werbungskosten ungekürzt abgezogen werden konnten. Unabhängig von der Höhe der Miete war das Finanzamt für den Zeitraum 2012 bis 2020 nicht berechtigt, die Einkünfteerzielung in Frage zu stellen – auch dann, wenn keine Überschussprognose vorgelegt wurde. Die Einkünfteerzielungsabsicht wurde einfach unterstellt. 

 

Ab 2021 hat der Gesetzgeber anlässlich der Pandemie die erwähnte Grenze von 66 % auf 50 % herabgesetzt. Beträgt die vereinbarte Miete weniger als 50 % der ortsüblichen Miete, ist der Werbungskostenabzug entsprechend zu kürzen. Beläuft sich die Miete hingegen auf mindestens 50 % der ortsüblichen Miete, wird ein ungekürzter Werbungskostenabzug anerkannt – aber nur, wenn es gelingt, den zu erwartenden Totalüberschuss für den 30-jährigen Prognosezeitraum nachzuweisen. Erst ab einer vereinbarten Miete von mindestens 66 % wird auch die Einkünfteerzielungsabsicht per se unterstellt. Wie man sieht, nicht ganz trivial. 


(Neuer) Sonderfall der großen Wohnfläche 

Um es noch ein wenig schwieriger zu machen, differenziert der BFH hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht fortan auch bei Wohnobjekten mit großer Wohnfläche. Aus der aktuellen Entscheidung des BFH vom 20.06.2023 lässt sich ableiten, dass bei einer Wohnfläche von mehr als 250 qm eine konkrete Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht auch bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit notwendig wird. 

 

Im Streitfall hatten die Kläger insgesamt drei Villengebäude mit einer Wohnfläche von jeweils mehr als 250 qm erworben. Die Immobilien vermieteten sie jeweils unbefristet an ihre volljährigen Kinder – und zwar jeweils zu Mieten, die über der kritischen Grenze von 66 % der Marktmiete lagen. Die aus der Vermietung resultierenden Verluste wollten die Kläger mit ihren übrigen Einkünften verrechnen; Einkünfteerzielungsabsicht war ihrer Auffassung nach in Anbetracht der für den Zeitraum 2012 bis 2020 relevanten Gesetzeslage per se gegeben. Das Finanzamt und nachfolgend auch das Finanzgericht folgten den Klägern insoweit nicht und versagten die steuerliche Anerkennung der geltend gemachten Verluste mit der Begründung der Liebhaberei.  

Auch der BFH bestätigt nun mit seiner aktuellen Entscheidung, dass bei aufwendig gestalteten Wohnungen, insbesondere solchen mit einer Wohnfläche über 250 qm, eine individuelle Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht erforderlich ist, sprich eine Totalüberschussprognose über einen Prognosezeitraum von 30 Jahren aufgestellt werden muss. Dies gilt unabhängig davon, dass der Gesetzgeber – vermeintlich – die Einkünfteerzielungsabsicht generell unterstellt. 

Praxishinweis

Besondere Vorsicht ist insbesondere bei der Vermietung an Angehörige geboten: 

Zum einen ist darauf zu achten, dass der Mietzins in Relation zur orts-/marktüblichen Miete ausreichend bemessen wird – andernfalls droht eine Kürzung beim Werbungskostenabzug. 


Unabhängig hiervon sollte bei aufwendigen bzw. besonders großen Objekten bei der Bemessung der Miete beachtet werden, ob eine Totalüberschussprognose tatsächlich über den Prognosezeitraum zu einem Überschuss führen wird – andernfalls droht hier (steuerliche) Liebhaberei.

Annika Köhnen

Assistentin der Steuerberatung

E-Mail:
Annika.Koehnen@falk-co.de


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