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Auch abseits des Wachstumschancengesetzes gibt es (noch mehr) Neues aus Berlin

Regierungsentwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz – Neues zur globalen Mindestbesteuerung, Grunderwerbsteuer und Belegaufbewahrungsfrist

Nachdem das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 12.04.2023 einen Referentenentwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) veröffentlicht hatte, hat die Bundesregierung nun am 16.08.2023 einen modifizierten Gesetzesentwurf beschlossen. Daneben werden mit weiterem Regierungsentwurf für das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz, einem Diskussionsentwurf für ein Grunderwerbsteuer-Novellierungsgesetz und einem Eckpunktepapier für ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz auch weitere Gesetzgebungsverfahren vorangetrieben.


Zukunftsfinanzierungsgesetz

Zentrale Maßnahme des ZuFinG ist auch nach Veröffentlichung des Regierungsentwurfs die Anhebung des Freibetrages für die Zuwendung von Kapitalbeteiligungen von Arbeitgeber:innen an ihre Arbeitnehmer:innen von jährlich 1.440 EUR auf 5.000 EUR. Im Gegensatz zum vorherigen Referentenentwurf soll die Steuerbefreiung jedoch bei einer Zuwendung von bis zu 2.000 EUR auch bei einer Entgeltumwandlung gewährt werden, höhere Zuwendungen (bis 5.000 EUR) müssen hingegen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen.

Praxishinweis

Um den Anreiz für eine zeitnahe Veräußerung der steuerfrei erworbenen Mitarbeiterbeteiligungen zu verringern, soll auch eine Mindesthaltefrist von 3 Jahren eingeführt werden. Erfolgt die Veräußerung der Beteiligung innerhalb von 3 Jahren nach dem Erwerb, so gilt der steuerfreie Lohnanteil nicht als Anschaffungskosten im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns. Im Ergebnis würde der zunächst steuerfrei gebliebene Lohnanteil bei der Anteilsveräußerung der Abgeltungsteuer i. H. v. 25 % unterliegen.

Weiterhin wurde in den Regierungsentwurf auch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der aufschiebenden Besteuerung bei Überschreitung des Freibetrages übernommen: Die maximale Aufschubzeit soll unverändert von 12 auf 20 Jahre verlängert, die Schwellenwerte für begünstigte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollen deutlich erhöht werden (Mitarbeiterzahl vervierfacht, Jahresumsatz und Bilanzsumme verdoppelt); außerdem darf der maßgebliche Gründungszeitpunkt des KMU bis zu 20 Jahren vor dem Beteiligungszeitpunkt liegen (bisher lediglich 12 Jahre).

Praxishinweis

Eine weitere deutliche Verbesserung der Position eines begünstigten Arbeitnehmers wird dadurch erreicht, dass der Arbeitgeber bei Ablauf der Aufschubgrenze von 20 Jahren bzw. bei vorzeitigem Ausscheiden des Mitarbeiters freiwillig die Übernahme der Haftung für die Lohnsteuer übernehmen kann – versteuert werden muss dann erst im Zeitpunkt des (späteren) Verkaufs der Beteiligung, sprich bei Zufluss entsprechender liquider Mittel.

Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Bereits am 20.03.2023 wurde ein Diskussionsentwurf für das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz mit dem Ziel veröffentlicht, die EU-Richtlinie für die globale Mindestbesteuerung fristgerecht bis zum 31.12.2023 in nationales Recht umzusetzen. Diesem Ziel ist man nun mit dem Beschluss des Regierungsentwurfs am 16.08.2023 einen Schritt nähergekommen. Der Anwendungsbereich der globalen Mindeststeuer umfasst auch weiterhin Konzerne mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens 750 Mio. EUR. Für diese werden künftig eigens und komplex berechnete effektive Steuerquoten länderbezogen mit dem Mindeststeuerniveau von 15 % verglichen. Die Differenz wird dann grundsätzlich auf Ebene der Konzernmuttergesellschaft nacherhoben.


Sonstige Entwicklungen

Zuletzt haben auch zwei weitere Veröffentlichungen für eine steuerliche Debatte gesorgt: Zum einen hat das BMF am 15.06.2023 einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes in Umlauf gebracht. Wesentliche Vorschläge des Papiers sind eine umfassende Neuregelung der Steuertatbestände für Share-Deals sowie die Einführung einer Länder-Öffnungsklausel zur Begünstigung des Immobilienerwerbs von selbstgenutztem Wohneigentum durch natürliche Personen. Zum anderen wurde vom Bundesministerium der Justiz am 30.08.2023 ein Eckpunktepapier für ein mittlerweile viertes Bürokratieentlastungsgesetz veröffentlicht. Aus steuerlicher Sicht ist hier die geplante Verkürzung der handels- und steuerrechtlichen Belegaufbewahrungsfrist von 10 auf 8 Jahre hervorzuheben. Da in beiden Fällen das offizielle Gesetzgebungsverfahren durch die Veröffentlichung eines Referentenentwurfs noch nicht begonnen hat, ist bisher nicht absehbar, ob und bis wann die Maßnahmen umgesetzt werden könnten.

Fazit

Auch abseits des Wachstumschancengesetzes hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht. Während die Gesetzgebungsverfahren für das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz mit der Verabschiedung von Regierungsentwürfen bereits weit fortgeschritten sind, stehen das Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes und das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz noch ganz am Anfang. Insbesondere hinsichtlich der Grunderwerbsteuerreform dürfen große Fragezeichen gesetzt werden, da die Bundesländer als Empfänger des Steueraufkommens bereits Widerstand signalisiert haben. Die weiteren Entwicklungen in den kommenden Monaten dürfen mit Spannung erwartet werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Sebastian Müller

Steuerberater

E-Mail:
sebastian.mueller@falk-co.de


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