Neues aus Berlin – Aktivrente im Fokus
Regierungsentwurf für das Aktivrentengesetz verabschiedet – Diskussion um die Erbschaftsteuer geht weiter
Wie in der letzten Ausgabe des FALK Newsletters dargestellt, wurden bereits im September 2025 mehrere steuerliche Gesetzgebungsverfahren, wie z.B. das Verfahren hinsichtlich des Steueränderungsgesetzes 2025, auf den Weg gebracht. Nun hat die Bundesregierung am 15.10.2025 mit der Verabschiedung des Regierungsentwurfs für ein Gesetz zur steuerlichen Förderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rentenalter (Aktivrentengesetz) erneut nachgelegt. Dieses enthält die Umsetzung der bereits im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Aktivrente“, durch die das Erwerbspotential älterer Menschen besser genutzt werden soll. Daneben wurde auch die bereits mehrere Monate dauernde öffentliche Diskussion um eine Reform der Erbschaftsteuer weitergeführt. Nach Vertretern fast aller Parteien haben sich nun die „Wirtschaftsweisen“ zu Wort gemeldet. Wir geben im Folgenden zunächst einen Überblick über das Aktivrentengesetz sowie den aktuellen Stand der übrigen, anhängigen Gesetzgebungsverfahren und stellen anschließend die neusten Entwicklungen in der Diskussion um die Erbschaftsteuer dar.
Aktivrentengesetz
Das Aktivrentengesetz sieht eine bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigende Steuerbefreiung von Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit i. H. v. 2.000 EUR monatlich vor. Diese soll (nur) für nichtselbstständige Arbeitnehmer gelten, die das gesetzliche Renteneintrittsalter von 67 Jahren bereits erreicht haben, und zwar unabhängig davon, ob sie neben dem Gehalt bereits Rentenbezüge erhalten. Die betroffenen Einnahmen sollen ungeachtet der Steuerbefreiung sozialversicherungspflichtig bleiben. Ausgeschlossen von der Steuerbefreiung sind Mini-Jobber, Beamte, Selbstständige sowie Land- und Forstwirte. Diese Ungleichbehandlung hat bereits kurz nach der Veröffentlichung des Regierungsentwurfs zu starker öffentlicher Kritik geführt. Die Bundesrechtsanwaltskammer ging sogar so weit, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzesentwurfs in Frage zu stellen, da mangels Rechtfertigungsgründen die Begrenzung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiung auf nichtselbstständig tätige Personen eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes darstellen könnte. Ob diese Kritik im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu Anpassungen führt, wird sich in Kürze zeigen. Die Steuerbefreiung soll nämlich bereits ab dem 01.01.2026 in Kraft treten. Bundestag und Bundesrat sollen deshalb noch im Laufe des Dezembers 2025 dem Gesetzesentwurf zustimmen.
Praxishinweis
Die ebenfalls im Koalitionsvertrag genannten Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen zur Mehrarbeit, wie z. B. die Steuerbefreiung von Überstundenzuschlägen oder Prämien für die Ausweitung von Teil- auf Vollzeit, sind nicht im Regierungsentwurf für das Aktivrentengesetz enthalten. Da der wissenschaftliche Beirat des BMF bereits Zweifel daran geäußert hat, dass die Steuerbefreiung von Überstundenzuschlägen eine geeignete Maßnahme zur Förderung von Mehrarbeit ist, bleibt abzuwarten, ob das hierfür erforderliche Gesetzgebungsverfahren überhaupt angestoßen wird.
Andere Gesetzgebungsverfahren
Abseits des Aktivrentengesetzes sind auch die übrigen Gesetzgebungsverfahren zwischenzeitlich vorangeschritten. So hat der Bundesrat am 17.10.2025 zum Entwurf des Steueränderungsgesetzes 2025 Stellung genommen. Mit diesem Gesetz sollen punktuelle Anpassungen in verschiedenen Steuerrechtsgebieten vorgenommen werden, wie z. B. die dauerhafte Reduzierung des Umsatzsteuersatzes für Speisen in der Gastronomie zum 01.01.2026 und die dauerhafte Erhöhung der Pendlerpauschale zum 01.01.2026 von 0,30 EUR/km (0,38 EUR ab dem 20. km) auf 0,38 EUR ab dem ersten Kilometer. Der Bundesrat kritisiert vor allem die durch das Gesetz entstehenden Mindereinnahmen für die Länder und Kommunen im Umfang von voraussichtlich 12,6 Mrd. EUR und fordert von der Bundesregierung Kompensationsmaßnahmen für die Länder- und Gemeindehaushalte. Diese lehnte jedoch Kompensationsmaßnahmen in ihrer Gegenäußerung vom 30.10.2025 kategorisch ab. Somit bleibt offen, ob bis zur geplanten Verabschiedung des Gesetzespakets durch Bundestag und Bundesrat am 05.12. bzw. 18.12.2025 noch ein Kompromiss gefunden werden kann.
Praxishinweis
Das Mindeststeueranpassungsgesetz (= Umsetzung neuer Verwaltungsleitlinien der OECD im Mindeststeuergesetz) hat am 13.11.2025 in leicht geänderter Form den Bundestag passiert. Der Bundesrat wird dem Vernehmen nach am 19.12.2025 zustimmen. Keine Neuigkeiten gibt es hingegen hinsichtlich des Standortförderungsgesetzes (= Anpassungen des Investmentsteuergesetzes und Änderungen mit Hinblick auf die sog. „6b-Rücklage“ für Gesellschaftsanteile). Hier müssen noch Bundestag und Bundesrat dem Regierungsentwurf zustimmen. Der weitere zeitliche Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens ist weiterhin noch unklar.
Diskussion um die Erbschaftsteuer
Seitdem Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) im September die Vermögensverteilung in Deutschland öffentlich als problematisch dargestellt hat, ist eine Diskussion um eine mögliche Reform der Erbschaftsteuer in vollem Gange. Hierzu hat nun auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, gemeinhin als „Wirtschaftsweise“ bekannt, im Rahmen seines Jahresgutachtens Stellung genommen. Vier der fünf Sachverständigen raten dazu, die Begünstigung für Unternehmensvermögen einzuschränken und die Erbschaftsteuer stärker am Prinzip der Leistungsfähigkeit auszurichten. Für Betriebsvermögen unter 26 Mio. EUR solle der Verschonungsabschlag erheblich reduziert, für Betriebsvermögen über 26 Mio. EUR die sog. Verschonungsbedarfsprüfung ganz abgeschafft oder zumindest erheblich eingeschränkt werden. Stattdessen sollten großzügige Stundungsmöglichkeiten eingeführt werden, um eine übermäßige Liquiditätsbelastung für Unternehmen zu vermeiden. In einem Minderheitsvotum lehnt zumindest Ratsmitglied Veronika Grimm die Reform der Erbschaftsteuer ab. Auch wenn es noch keine konkreten Gesetzesvorschläge der Bundesregierung selbst gibt, steigt der Reformdruck durch die Äußerung der Wirtschaftsweisen weiter an. Zu beachten ist hierbei, dass dem Vernehmen nach noch in diesem Jahr ein Urteil des BVerfG zu einem möglichen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch die Überbegünstigung von Unternehmensvermögen im Vergleich zu Privatvermögen erwartet wird (Az. des anhängenden Verfahrens: 1 BvR 804/22). Sollte das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der Unternehmensbegünstigung feststellen, wäre die Bundesregierung jedenfalls zum Handeln gezwungen.
Fazit und Ausblick
Die Bundesregierung will mit dem „Aktivrentengesetz“ eine weitere Maßnahme ihres Koalitionsvertrags umsetzen. Auch wenn die Schaffung von Anreizen für Mehrarbeit ein begrüßenswertes Ziel ist, führt die geplante Umsetzung der Aktivrente zu berechtigter Kritik. Insbesondere die Ungleichbehandlung von Selbstständigen/Freiberuflern könnte Anpassungen des Gesetzesentwurfs notwendig machen. Auch am Steueränderungsgesetz 2025 könnten sich nach der Kritik des Bundesrats noch Änderungen ergeben. Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetzgebungsverfahren entsprechend dem aktuellen Zeitplan noch im Jahr 2025 abgeschlossen werden kann.
Zuletzt steigt nach der Stellungnahme der „Wirtschaftsweisen“ auch der Reformdruck hinsichtlich der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigung für Unternehmensvermögen. Der Ausgang der Diskussion ist zwar noch völlig offen, allerdings wird eine zumindest punktuelle Änderung der bestehenden Regelungen immer wahrscheinlicher. Über zukünftige Entwicklungen werden wir Sie, wie gewohnt, auf dem aktuellen Stand halten.