Neues aus Berlin – Jahressteuergesetz 2024
Kabinett verabschiedet Regierungsentwurf – im Umfang von „schlappen“ 240 Seiten
Der Entwurf für ein Jahressteuergesetz (JStG 2024) enthält als sog. Omnibusgesetz Änderungen in zahlreichen Steuergesetzen, um Anpassungen an aktuelle Rechtsentwicklungen auf EU-Ebene sowie durch höchstrichterliche Rechtsprechung von EuGH und BFH vorzunehmen. Hier ein Potpourri von geplanten Neuregelungen, um einen ersten Eindruck zu gewinnen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Steuerbefreiung für kleinere Photovoltaikanlagen:
Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage sind bereits bisher bei Wohn- und Gewerbegebäuden steuerfrei, sofern je Wohn-/Gewerbeeinheit bestimmte Höchstgrenzen bezüglich der Bruttoleistung der PV-Anlage nicht überschritten werden. Diese Grenze wird nun erfreulicherweise bei Objekten mit mehreren Einheiten deutlich auf 30 kW (Peak) je Wohn- bzw. Gewerbeeinheit erhöht (bisher 15 kW (Peak) je Einheit). Unverändert bleibt die personenbezogene 100-kWp-Obergrenze.
Übertragungen zwischen Schwesterpersonengesellschaften:
Entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung v. 28.11.2023 - 2 BvL 8/13, wir berichteten, soll eine Buchwertübertragung für Einzelwirtschaftsgüter zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Mitunternehmerschaften ermöglicht werden. Nicht erfüllen werden sich wohl die Hoffnungen der Fachwelt, dass der Gesetzgeber über die richterliche Vorgabe hinaus eine pragmatische Lösung ins Gesetz bringt; denn nur, wenn dieselben Personen an beiden Gesellschaften identisch beteiligt sind, soll die neue Regelung Anwendung finden.
Einführung einer neuartigen Mobilitätspauschale:
Soweit der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Leistungen aus einem Mobilitätsbudget gewährt, soll bis zur Höhe von EUR 2.400 p. a. die Möglichkeit zur Lohnsteuerpauschalierung mit 25 % eingeführt werden. Mobilitätsbudget bedeutet, dass der Arbeitgeber der Belegschaft die Nutzung von außerbetrieblichen Mobilitätsleistungen in Form von Sachbezügen oder Zuschüssen anbietet, unabhängig vom Verkehrsmittel. Offensichtlich hat der Gesetzgeber bspw. die fallweise Überlassung von E-Scootern, die gelegentliche Inanspruchnahme von Car-Sharing, Bike-Sharing, sonstigen Sharingangeboten oder Fahrdienstleistungen im Blick.
Zahlreiche Änderungen betreffen den Bereich der Umsatzsteuer u. a.:
Erhöhung der Kleinunternehmergrenze im UStG:
Ab dem Jahr 2025 sollen die Umsatzgrenzen für Kleinunternehmer angehoben werden: Die Grenze für den Vorjahresumsatz auf EUR 25.000, der voraussichtliche Umsatz des laufenden Jahres darf maximal EUR 100.000 betragen. Neuland wird mit einer grenzüberschreitenden Nutzung der Kleinunternehmerregelung betreten: EU-Kleinunternehmer sollen auch in anderen EU-Staaten von den dortigen Kleinunternehmerregelungen profitieren, sofern die unionsweite Umsatzgrenze von 100.000 EUR nicht überschritten wird. Man ahnt es, die Neuerung zieht weiteren bürokratischen Aufwand in Form eines Meldeverfahrens sowie der Einführung einer unionsweiten Kleinunternehmer-IDNr. nach sich.
Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Ist-Versteuerern:
Sofern der leistende Unternehmer die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) gewählt hat, muss er voraussichtlich ab 2026 in seinen Rechnungen eine neue Pflichtangabe – „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ – aufnehmen. Hintergrund dieser Übung: Der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger soll für den Fall des Leistungsbezugs von einem Ist-Versteuerer erst mit der Zahlung der Rechnung möglich sein – abweichend vom Grundsatz, dass die Vorsteuer für bezogene Leistungen bereits nach Rechnungseingang gezogen werden kann, und zwar unabhängig von der Zahlung. Ohne den Hinweis in der Rechnung wäre die Art der Besteuerung beim Leistenden für den Leistungsempfänger selbstverständlich nicht erkennbar.
Leistungsort bei virtuellen Veranstaltungen/Tätigkeiten
Der Leistungsort für bspw. kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche oder sportliche Veranstaltungen wird ab 2025 neu geregelt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass auf virtuellem Weg erbrachte Dienstleistungen am Ort des Verbrauchs besteuert werden.
Einführung des § 2b UStG für die öffentliche Hand:
Man glaubt es kaum, aber die Übergangsfrist zur zwingenden Anwendung der Neuregelungen für juristische Personen soll einmal mehr um zwei Jahre bis Ende 2026 verlängert werden – damit würde ein Übergangszeitraum von 11 Jahren (!) geschaffen, um die Umsetzung der aus dem § 2b UStG resultierenden zusätzlichen Umsatzsteuerlasten der öffentlichen Hand endlich zu bewerkstelligen.
Steuerbefreiung für vermietete Wohnimmobilien in der Erbschaftsteuer:
Der Befreiungsabschlag von 10 % soll nun auch bei in einem Drittstaat gelegenen Wohnimmobilien möglich sein. Hiermit reagiert der Gesetzgeber auf eine Entscheidung des EuGH vom 12.10.2023 - C-670/21, wonach der bisherige Ausschluss der Befreiung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen hat.
Im Bereich der Grunderwerbsteuer soll gesetzlich geregelt werden, welcher Gesellschaft bei Verwirklichung der sog. Ergänzungstatbestände (Stichwort „Share Deals“) der Grundbesitz „gehört“. Teilweise gegenläufige Rechtsprechung und Äußerungen der Finanzverwaltung haben hier vermehrt zu Unsicherheiten und Unklarheiten geführt.
Verschiedene wesentliche Änderungen im Umwandlungsteuergesetz, u. a. soll gesetzlich geregelt weden, dass eine steuerliche Schlussbilanz auf den Übertragungsstichtag innerhalb von 14 Monaten nach dem Stichtag eingereicht werden muss.
Praxishinweis
Das Gesetzgebungsverfahren wird, wie zuletzt üblich, vermutlich erst Ende des Jahres 2024 auf die Zielgerade einbiegen. Der vorliegende Referentenentwurf wird bis dahin sicherlich noch verschiedene Änderungen erfahren. Wir werden Sie über den Fortgang auf dem Laufenden halten.