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Rückblick (nicht nur) aus Berlin

Jahressteuergesetz 2022 mit Änderungen verabschiedet – Offenlegungsfrist verlängert, Grundsteuerfrist abgelaufen – Solidaritätszuschlag lebt weiter

Die Bundesregierung hatte bereits am 14.09.2022 den Gesetzesentwurf für das Jahressteuergesetz (JStG) 2022 beschlossen. Nach einer Stellungnahme des Bundesrats (siehe hierzu FALK Newsletter 06|2022 Neues aus Berlin auch am Jahresende) ergaben sich kurz vor Ende des Gesetzgebungsverfahrens noch Ergänzungen und Anpassungen des Gesetzespakets. Die modifizierte Gesetzesfassung wurde am 02.12. bzw. 16.12.2022 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Während die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärungen mittlerweile – mit Ausnahme von Bayern – abgelaufen ist, wurde eine faktische Fristverlängerung für die Offenlegung der Jahresabschlüsse 2021 gewährt.

JStG 2022

Mit dem JStG 2022 sollten bis zum Ende des Jahres 2022 notwendige Anpassungen an EU-Recht sowie Reaktionen auf die jüngere (zumeist unliebsame) Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, des Bundesverfassungsgerichts und des EuGHs vorgenommen werden. Daneben sah das Gesetz auch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen zur weiteren Umsetzung des Koalitionsvertrags der Bundesregierung vor. Nachdem der Bundesrat mit seiner Stellungnahme vom 28.10.2022 Änderungen des Gesetzespakets gefordert hatte, wurden kurz vor Ende des Gesetzgebungsverfahrens kurzfristig verschiedene bedeutende Anpassungen vorgenommen.


Gebäudeabschreibung und Photovoltaikanlagen

Diese Anpassungen betreffen insbesondere den Bereich der Ertragsteuern. Während der ursprüngliche Gesetzesentwurf eine Erhöhung des Abschreibungssatzes von 2 % auf 3 % für Wohngebäude mit Fertigstellung nach dem 30.06.2023 vorsah, wurde die Erhöhung des Abschreibungssatzes im finalen Gesetzestext auf Wohngebäude mit Fertigstellung nach dem 31.12.2022 ausgeweitet. Weiterhin wurde der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer bei der Gebäudeabschreibung auf Empfehlung des Bundesrats entgegen des vorherigen Gesetzesentwurfs unverändert beibehalten. Auch die Einführung der ertragsteuerlichen Steuerbefreiung für die Einnahmen aus dem Betrieb von bestimmten Photovoltaikanlagen wurde modifiziert. Diese Befreiung wurde nicht erst ab dem 01.01.2023, sondern rückwirkend bereits ab dem 01.01.2022 wirksam. Hinsichtlich der Definition der begünstigten Anlagen wurde die Begrenzung auf „überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäude“ gestrichen, was den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung erheblich erweitern dürfte.

Praxishinweis

Nicht alle Anpassungsvorschläge des Bundesrats wurden umgesetzt. So blieb die Bitte um eine Ausweitung der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter auf Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs-/Herstellungskosten 1.000 EUR (bisher: 800 EUR) nicht übersteigen, zum wiederholten Male ungehört.

Arbeitnehmer

Auch für Arbeitnehmer wurden zusätzliche Erleichterungen in die finale Gesetzesfassung aufgenommen. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Erhöhung der Homeoffice-Pauschale auf 6 EUR pro Tag zu nennen. Die Begrenzung des Abzugs der Homeoffice-Pauschale wurde von 600 EUR auf 1.260 EUR pro Jahr angehoben, sodass künftig 210 statt 120 Homeoffice-Tage begünstigt werden können. Faktisch bedeutet dies, dass mittels der Homeoffice-Pauschale eine ähnliche Entlastungswirkung eintritt wie bei einem steuerlich anerkannten Arbeitszimmer. Diese Regelungen werden fortan unbefristet gelten. Daneben wurde der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.200 EUR auf 1.230 EUR erhöht. 

Praxishinweis

Die bereits im Entwurf des Jahressteuergesetzes enthaltenen Änderungen im Hinblick auf die steuerliche Immobilienbewertung wurden wie geplant umgesetzt. Im Ergebnis ist mit einem signifikanten Anstieg der Immobilienwerte für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke zu rechnen. Eine in diesem Zusammenhang diskutierte Erhöhung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Freibeträge fand vorerst keine Mehrheit.

Sonstige Entwicklungen

Abseits des JStG 2022 hat das Bundesministerium für Justiz (BfJ) bekannt gegeben, dass trotz der am 31.12.2022 ausgelaufenen Frist für die Offenlegung der Jahresabschlüsse 2021 vor dem 11.04.2023 keine Ordnungsgeldverfahren bei verspäteter Offenlegung eingeleitet werden. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung des BfJ wurde hiermit nun doch eine – zumindest faktische – Fristverlängerung gewährt.


Im Hinblick auf die Grundsteuer ist am 31.01.2023 die bereits verlängerte Abgabefrist für die Feststellungserklärungen zu den Grundsteuerwerten abgelaufen. Wie von Bund und Ländern angekündigt, wurde keine erneute bundesweit einheitliche Fristverlängerung gewährt. Lediglich Bayern hat im Rahmen eines Alleingangs die Frist für in Bayern gelegene Grundstücke bis zum 30.04.2023 verlängert. Angesichts drohender Verspätungszuschläge besteht – sofern die Erklärungen nicht bereits abgegeben wurden – weiterhin akuter Handlungsbedarf.


Der ewige Soli

Der Bundesfinanzhof hat am 30.01.2023 seine mit Spannung erwartete Entscheidung zum Solidaritätszuschlag verkündet. Entgegen der vielerorts geäußerten Erwartung sehen die obersten Finanzrichter zumindest für die Jahre 2020 und 2021 keine verfassungsrechtlichen Probleme bei der Erhebung des Solidaritätszuschlags, obwohl der sog. Solidarpakt bereits 2019 ausgelaufen war. Auch nach mehr als 30 Jahren deutsche Einheit soll ein außerordentlicher Finanzierungsbedarf bestehen, der durch eine Ergänzungsabgabe gedeckt werden kann. Hierbei soll es auch keine Rolle spielen, dass seit 2021 nur noch ca. 10 % der Steuerzahler zum Solidaritätszuschlag herangezogen werden – ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG kann der BFH nicht erkennen. Ob die Kläger, ein Ehepaar aus Augsburg, die sich gegen die Festsetzung von Vorauszahlungen zum Solz für die Jahre 2020 ff. gewehrt hatten, gegen die Entscheidung des BFH Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen, bleibt abzuwarten.

Hiervon unabhängig wird sich Karlsruhe jedenfalls im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens ohnehin mit der Thematik befassen – angestrengt worden war dieses Verfahren – Ironie des Schicksals – durch FDP-Abgeordnete in Zeiten, als noch die GroKo regierte.

Praxishinweis

Die Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2022 stellt den gesetzgeberischen Schlusspunkt des Jahres 2022 dar. Kurz vor Ende des Gesetzgebungsprozesses wurden noch einige Änderungen hinsichtlich der Gebäudeabschreibung und der Begünstigung von Photovoltaikanlagen umgesetzt. Es darf mit Spannung erwartet werden, welche Gesetzesvorhaben der Gesetzgeber im neuen Jahr angehen wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Sebastian Müller

Steuerberater

E-Mail:
sebastian.mueller@falk-co.de


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